Flucht nach zehn Jahren Missbrauch

Los Angeles · Sie war 15, als sie in Kalifornien entführt wurde. Das war im Jahr 2004. Erst jetzt wagte die heute 25-Jährige, sich zu befreien. Ihr Peiniger hielt sein Opfer zehn Jahre lang in totaler Abhängigkeit.

Die Nachbarn beschreiben den 41-jährigen Isidro Garcia als freundlichen Mann, der hart arbeitet, die Kirche besucht und seine Frau und Tochter verwöhnt. Die Polizei von Santa Ana nahe Los Angeles zeichnet von Garcia, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt, ein ganz anderes Bild: Er soll vor zehn Jahren ein 15 Jahre altes Mädchen mit Drogen betäubt und gekidnappt haben. Er schlug sie, vergewaltigte sie, setzte sie mit Drohungen unter Druck, verschaffte ihr immer neue Identitäten - und schwängerte sie schließlich nach einer Zwangsheirat.

Diese Horror-Story endete am Montag, als die junge Frau den Mut aufbrachte und sich an die Polizei wandte. Zuvor hatte sie ihre Schwester, die sie zuletzt 2004 gesehen hatte, auf Facebook gefunden und mit ihr kommuniziert. Garcia steht nun eine Anklage wegen Kidnapping, Vergewaltigung und Gefangennahme bevor.

Das Martyrium der jetzt befreiten 25-Jährigen hatte im Frühjahr 2004 begonnen, als das Mädchen illegal aus Mexiko einreiste. Sie sprach kein Englisch und lebte zunächst bei ihrer Mutter, die mit Garcia bekannt war, in Santa Ana. Nach einem Streit mit der Mutter verließ das Mädchen eines Tages das Haus und ging zu einem nahen Park. Garcia folgte ihr dorthin und gab ihr, so schildern es jetzt Ermittler, als Kopfschmerztabletten getarnte Betäubungsdrogen. Gleichzeitig schüchterte er sie mit den Worten ein: Sie sei ohne Erlaubnis im Land und würde bei einer Rückkehr zu ihrer Mutter verhaftet und deportiert werden. Das Mädchen wachte dann wenig später in einer Garage auf, in die sie eingesperrt wurde. Die Mutter gab eine Vermisstenanzeige auf, es folgten Ermittlungen. Doch Garcia sei einer Entdeckung immer wieder zuvor gekommen, hieß es, weil er mehrfach Wohnort und Identitäten gewechselt habe. Mit falschen Papieren ausgestattet habe er sein Opfer 2007 geheiratet. 2012 brachte die jahrelang misshandelte Frau eine gemeinsame Tochter zur Welt.

Warum die junge Frau, die Berichten zufolge während ihrer Zeit als Gefangene sogar Auto fahren durfte und dann gemeinsam mit Garcia Kinderpartys veranstaltete und Disneyland besuchte, nicht früher zur Polizei ging, erklärt diese so: Der Entführer habe ständig massiven psychologischen Druck ausgeübt und seinem so eingeschüchterten Opfer immer wieder versichert, die Familie suche nicht mehr nach ihr. Bei dem ersten Facebook-Kontakt mit ihrer Schwester erfuhr die 25-Jährige jedoch jetzt, dass die Mutter weiter auf das Wunder einer Rückkehr hofft und vertraute sich den Behörden an. Gegenüber einem kalifornischen Fernsehsender sagte sie am Mittwoch, sie sei überglücklich, endlich wieder bei ihrer Familie zu sein.

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