Flauschiger Roboter gibt Demenzkranken Wärme und Halt

Senden · Große Augen, flauschiges Fell: Eine kleine Roboter-Robbe löst bei Demenzkranken positive Gefühle aus. Das gibt ihnen Halt. Die Erfindung aus Japan setzt sich in Deutschland immer mehr durch. Es gibt aber auch Kritiker.

Es ist nicht leicht, den Zugang zu einem Menschen mit fortgeschrittener Demenz zu finden. Ab einem gewissen Stadium ist die Wahrnehmung des Kranken gestört, mit Worten erreichen Pflegende ihn oft nicht mehr. Aber über Gefühle. Ein Robben-Roboter aus Japan tritt seit einigen Jahren als Helfer an, über Emotionen den Kontakt zu den Erkrankten aufzubauen. Langsam, aber zunehmend findet der Schmuse-Roboter auch in Deutschland Abnehmer. Kritiker finden den Einsatz von Robotern bei Demenz indes befremdlich und moralisch nicht vertretbar.

"Man kann beobachten, wie sie in die wahre Welt wieder zurückgeholt werden", erzählt Betreuungskraft Isolde Traub vom Altenzentrum St. Elisabeth im bayerischen Senden. Traub nimmt immer wieder auch über den Roboter mit den großen dunklen Augen und dem kuscheligen Fell Kontakt zu ihren Patienten auf. "Sie reagieren mit den Augen, und die Gesichtsmimik geht immer ins Freundliche, ins Lächelnde."

"Ui, ui, ui. Was hast du denn zu blinzeln? Ja, ja, ja ...", sagt die 85-jährige Eleonore M., als Traub ihr den Robben-Roboter vorstellt. Sie ist entzückt, lacht immer wieder und streichelt der Erfindung namens Paro übers Fell. Der weiße Plüschroboter ist mit Sensoren ausgestattet, reagiert auf Stimmen, ruft wie eine Robbe, öffnet die Augen und kann seinen Kopf auf die Brust legen. Auf die Frage, ob ihr das gefalle, sagt Eleonore M.: "Ich habe Tiere schon immer gemocht." Das Altenzentrum ist eines von derzeit 50 Einrichtungen in Deutschland, die sich eine Roboter-Robbe zugelegt haben, mindestens genauso viele werden getestet. Die Reaktionen der Patienten seien verschieden, sagt Geschäftsführerin Anna Marie Oestreicher. "Bei dem einen kann man erreichen, dass er eine Gedächtnisbarriere überschreitet, bei dem anderen ist es eine Möglichkeit, dass man überhaupt Kommunikation entstehen lassen kann." Der Roboter ersetze den Menschen nicht. "Sie können den Paro nicht den Menschen in die Hand drücken und gehen", sagt Oestreicher. "Das ist nur ein Hilfsmittel, mehr nicht - da braucht es eine Person dazu, die den Kontakt knüpft und die Kommunikation aufbaut." 5700 Euro kostete die Robbe, das sei nur gegangen, weil es Spender gab.

Die Psychologin Gabriele Guth aus Wesel erklärt, Zuwendung und Nähe seien existenzielle Bedürfnisse des Menschen, und vor allem der Demenzkranken. "Demenz bedeutet zu vergessen, sich aus dem Leben kognitiv zurückzuziehen. Spüren und Fühlen wird wichtig, gibt Halt, Sicherheit und Geborgenheit", sagt Guth. "Alle Methoden, die das unterstützen, sind hilfreich."

Gabriele Zander-Schneider, Leiterin der Alzheimer Selbsthilfe in Köln, hat aus ethischen Gründen große Bauchschmerzen mit Robotern in Altenheimen. "Was ist das für eine Gesellschaft, die Roboter einsetzt, um Grundbedürfnisse zu befriedigen, nämlich Zuwendung." Die Leiterin des Vereins mit 6000 Patientenkontakten im Jahr mahnt zur Vorsicht. Im Namen der Krankheit Demenz würde immer mehr Geld gemacht.

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