Feuerball über Baikonur

Moskau · Am Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ist gestern eine Rakete nur 17 Sekunden nach dem Start explodiert. An Bord: drei Satelliten sowie hunderte Tonnen eines hochgiftigen Treibstoffs.

Es sind spektakuläre Bilder aus der Steppe: Eine Rakete dreht sich in der Luft, zerbricht und zerschellt schließlich in einem gewaltigen Feuerball. Von der russischen Trägerrakete vom Typ Proton-M sowie gleich drei Satelliten für das ambitionierte Navigationssystem Glonass bleiben nur Trümmer übrig. Ein riesiger schwarzer Rauchpilz bildet sich über dem Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Ersten Angaben zufolge gab es keine Verletzten.

Der Schaden beträgt schätzungweise rund 153 Millionen Euro. Nach ersten Erkenntnissen sind Fehler im Antriebssystem der Rakete Schuld. Für die stolze Raumfahrtnation Russland ist es bereits die dritte schwere Panne in diesem Jahr.

Schon 17 Sekunden nach dem Start stürzte die Rakete gestern mit 600 Tonnen des hochgiftigen Treibstoffs Hydrazin an Bord ab. Die Unglücksstelle befinde sich 2,5 Kilometer vom Startblock entfernt, teilte die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos mit. Die Trümmer hätten einen Krater von rund 200 Metern Durchmesser in den Boden gerissen.

Wegen des giftigen Flüssigtreibstoffs seien in Baikonur zahlreiche Gebäude evakuiert worden. Das Hydrazin sei bei der Explosion zum größten Teil verbrannt, teilten kasachische Behörden in der Hauptstadt Astana mit. Wind und Regen trieben die verbleibenden giftigen Gase nach Ansicht von Experten von der Stadt mit 71 000 Einwohnern weg. Mehrere Gemeinden forderten jedoch die Bewohner auf, Fenster geschlossen zu halten und nicht ins Freie zu gehen.

Rückschlag für Glonass-Projekt

Die Satelliten sollten drei ausgediente Bestandteile des Navigations-Satellitensystems Glonass ersetzen, mit dem Russland dem US-System GPS Konkurrenz machen will. Die Panne gilt zudem als Rückschlag im internationalen Wettbewerb mit der europäischen Ariane-Rakete. Schon im Dezember 2010 hatte Russland bei einem Fehlstart drei Satelliten auf einmal für Glonass verloren. Schuld war damals ein Fehler in der Oberstufe einer Proton-Rakete.

Der Zwischenfall könnte zudem große Nachteile für die russische Weltraumindustrie haben. Das betreffe vor allem die Teilnahme Russlands an dem für 2016 und 2018 geplanten milliardenschweren ExoMars-Projekt, sagte der Experte Juri Karasch. Dabei wollen Roskosmos und die Europäische Weltraumbehörde Esa gemeinsam auf dem Roten Planeten nach Spuren gegenwärtigen oder früheren Lebens suchen. Als Träger sind eben solche Proton-Raketen vorgesehen. "Die Europäer könnten das Projekt insgesamt beenden", befürchtete Karasch.

Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew setzte eine Untersuchungskommission ein. Zwei Proton-Starts im Juli und August würden vermutlich verschoben, meldete die Staatsagentur Ria Nowosti. Kasachische Umweltexperten zeigten sich indes schockiert über den Absturz: "Das ist ein sehr schwerer Unfall", sagte der Ökologe Mels Jeleussisow. Er forderte die kasachische Regierung auf, Proton-Starts von Baikonur grundsätzlich zu verbieten.

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