Polizei schließt Terrorhintergrund nicht aus Festnahmen nach Explosion in Lyon

Lyon · Akribische Ermittlungen haben die Polizei auf die Spur eines 24-jährigen Studenten geführt. Die Hintergründe sind weiter ungeklärt.

  Einsatz in Lyon: Beamte sichern die Gegend während der Durchsuchung des Hauses eines Verdächtigen.

Einsatz in Lyon: Beamte sichern die Gegend während der Durchsuchung des Hauses eines Verdächtigen.

Foto: dpa/Laurent Cipriani

Im Zusammenhang mit einer Explosion in Lyon hat die französische Polizei am Montag mehrere Verdächtige festgenommen. Dabei soll es sich um den mutmaßlichen Täter und drei Familienangehörige handeln. Am Freitagabend war in der Innenstadt von Lyon in einer Fußgängerzone eine offensichtlich selbst gebastelte Bombe detoniert. Dabei wurden 13 Menschen durch umherfliegende Metallteile verletzt. Aufgrund der Videoaufnahmen von Überwachungskameras suchte die Polizei schnell nach einem Mann, der unmittelbar vor der Detonation eine Papiertüte vor einer Bäckerei abgestellt hatte. Nach der Tat war er auf einem Fahrrad davongefahren. Weil zum momentanen Zeitpunkt ein terroristischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, führt die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft die Ermittlungen.

Bei dem nun festgenommenen Mann handelt es sich nach Aussagen von französischen Ermittlern um einen 24 Jahre alten Algerier. Er soll an der Universität in Lyon Informatik studieren. Einsatzkräfte haben den Mann am Montagmorgen festgenommen, als er vor seinem Haus einen Bus besteigen wollte. Als er die Männer bemerkte, habe er die Arme gehoben und sich widerstandslos abführen lassen. Die Beamten wollten den jungen Mann nicht in seiner Wohnung überwältigen, da sie befürchteten, dass er dort Sprengstoff oder Waffen gelagert haben könnte.

Der Lyoner Bürgermeister Gérard Collomb sagte dem Sender BFMTV, dass der Tatverdächtige der Polizei und anderen Behörden zuvor nicht bekannt war. Bei den anderen Festgenommenen handle es sich um seine Eltern und den jüngeren Bruder. Auch die Schwester des Mannes wurde verhört. Wie der Bürgermeister weiter mitteilte, gelte die gesamte Familie als sehr gut integriert. Die Mutter sei Hausfrau und der Vater arbeite seit vielen Jahren als Techniker.

Über die Hintergründe der Tat tappt die Polizei weiter im Dunkeln, da keine Forderungen und auch Bekennerschreiben gefunden wurden. „Die Festnahme ist eine große Erleichterung“, erklärte Gérard Collomb weiter. „Wir hatten alle Angst, dass der Täter erneut zuschlagen könnte.“

Aus Ermittlerkreisen heißt es, dass die Suche nach dem Tatverdächtigen „vorbildlich“ abgelaufen sei. Der Mann sei am Ende nicht wegen eines Zeugenhinweises aus der Bevölkerung festgenommen worden, sondern viele verschiedene Spuren hätten die Beamten zu ihm geführt. Vor allem die akribische Auswertung der Videoüberwachung, von verschiedenen Telefondaten und der Fund seiner DNA-Spuren am Tatort hätten schließlich zum Erfolg geführt. Allein die Tatsache, dass jemand mitten am Tag in einer belebten Straße eine solche Tat verübe, reiche für das Einleiten solch umfangreicher Anti-Terror-Ermittlungen aus, hatte Staatsanwalt Rémy Heitz erklärt. Die Tat hat in Frankreich große Beunruhigung ausgelöst. Seit Jahren wird das Land von einer islamistischen Terrorwelle erschüttert. Seit dem Jahr 2015 sind dabei mindestens 250 Menschen ums Leben gekommen. Erst im Dezember hatte der mutmaßliche Islamist Chérif Chekatt in der Straßburger Innenstadt das Feuer eröffnet – es starben letztlich fünf Menschen, zahlreiche wurden verletzt.

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