Falsche Ärzte in weißen Kitteln

Düren · Patienten haben dem Mann im weißen Kittel vertraut. Aber in der Arbeitskleidung steckte kein Arzt, sondern ein Hochstapler. Wie konnte das passieren?

Jahrelang ist alles gut gegangen. Niemand schöpfte Verdacht. Der 40-Jährige in dem weißen Kittel war für alle der Herr Doktor. Der Mann, der in der Chirurgie gearbeitet haben soll, konnte sich sicher fühlen. Wenn nur die Sache mit der Doktorarbeit nicht gewesen wäre. Jetzt hat ein Dürener Krankenhaus den mutmaßlichen Hochstapler fristlos gefeuert. Der Mann ist ein Fall für den Staatsanwalt.

Die Enttarnung begann mit dem fachlichen Interesse eines Kollegen. Der wollte die Doktorarbeit lesen, die aber nicht existierte. Also fand er sie auch nicht, wie der Sprecher des Dürener Krankenhauses, Christoph Lammertz, sagte. Dem Arzt-Kollegen kam das komisch vor. Er informierte die Klinikleitung: Die fragte bei der Uni nach, wo der Mann angeblich promoviert hatte. "Wir haben von der Universität die Mitteilung bekommen, dass diese Arbeit niemals geschrieben wurde", sagte Lammertz. Auch die zweite angebliche Doktorarbeit war Schall und Rauch.

Eigentlich konnte sich die Klinikleitung sicher sein, dass sie bei der Einstellung keinem Hochstapler aufgesessen war: Der Bewerber hatte einen guten Ruf. Nachdem der Kollege die Doktorarbeit nicht finden konnte, fragten die Dürener sicherheitshalber bei der Bezirksregierung Köln nach, ob mit der beruflichen Zulassung alles in Ordnung sei. Erst nach der wiederholten Nachfrage wurde nach Angaben des Krankenhauses das Landesprüfungsamt eingeschaltet: Der Mann war dort ein unbeschriebenes Blatt - hatte keine Prüfungen abgelegt. Studenten müssen für eine ärztliche Berufserlaubnis bei der Bezirksregierung ein "Zeugnis über die ärztliche Prüfung" vorlegen, wie die Behörde mitteilte: "Bei 1500 Approbationen, die wir im Jahr erteilen, können wir nicht unbedingt jedes einzelne Zeugnis intensiv überprüfen, indem wir beim Landesprüfungsamt nachfragen", sagte ein Behördensprecher. Bei Auffälligkeiten werde das natürlich gemacht. "Wir sind die Gelackmeierten und die, die durch die Öffentlichkeit gezogen werden. Wir sind aber auch die, die aufgedeckt haben und dem Spuk ein Ende gesetzt haben", sagt Christoph Lammertz.

Und die Ärzte-Kollegen haben nichts gemerkt? Nach Angaben des Krankenhauses hatte der Mann tatsächlich Medizin studiert. Frisch von der Uni ging er in ein Krankenhaus im Rheinland und stellte sich wohl ganz gut an: Er kam mit einem guten Zeugnis nach Düren .

Immer wieder werden Fälle bekannt von Hochstaplern, die als Ärzte arbeiten. Im vergangenen Jahr wurde in Mönchengladbach ein falscher Zahnarzt zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft ist der Fall in Düren aber nicht symptomatisch: "Es sind extreme Einzelfälle", sagte Sprecher Joachim Odenbach. Jeder Einzelfall wirke extrem, "wenn man sich vorstellt, da werde ich von jemandem behandelt, der ein paar Semester studiert hat."

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