Fahrdienstleiter gesteht Handyspiel im Dienst

Bad Aibling · Er hat es gestanden: Statt sich voll auf seine Aufgabe zu konzentrieren, spielte der Fahrdienstleiter vor dem tödlichen Zugunglück von Bad Aibling auf seinem Smartphone. Das kann seine Strafe deutlich erhöhen.

 Bei dem Zugunglück in Bad Aibling am 9. Februar starben elf Menschen. Foto: Kneffel/dpa

Bei dem Zugunglück in Bad Aibling am 9. Februar starben elf Menschen. Foto: Kneffel/dpa

Foto: Kneffel/dpa

Aus Mitleid dürfte Wut werden. Zwei Monate nach dem schrecklichen Zugunglück von Bad Aibling mit elf Toten steht der beschuldigte Fahrdienstleiter plötzlich in einem ganz anderen Licht da. Bisher erfuhr der 39-Jährige viel Verständnis, obwohl er ein falsches Signal gab. Nun löst eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Kopfschütteln aus. Demnach hat der Bahnbedienstete gestanden, unmittelbar vor der Katastrophe Handy spiele gespielt zu haben. Das könnte seine Strafe deutlich erhöhen - er sitzt nun in Untersuchungshaft.

Es ist kaum vorstellbar, was in den Köpfen der Hinterbliebenen der elf getöteten Männer und der 85 verletzten Zuginsassen nun vorgeht: Ein für die Sicherheit zuständiger Bahnmitarbeiter schaltet unter Missachtung der Vorschriften sein Smartphone ein - und spielt Online-Spiele. "Es muss aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte dadurch von der Regelung des Kreuzungsverkehrs der Züge abgelenkt war", erklärt die Staatsanwaltschaft .

Auf Mitleid darf der Fahrdienstleiter mit beinahe 20-jähriger Berufserfahrung da nicht mehr hoffen. Bahnmanager berichteten noch vor kurzem, Hinterbliebene hätten ihnen geschrieben, dass ihnen bei aller Trauer um ihre Liebsten auch der Mitarbeiter leid tue.

Die Staatsanwaltschaft wird sich nun kritisch fragen lassen müssen, warum dieses erschütternde Detail der Ermittlungen erst jetzt bekannt wurde. Nur wenige Tage nach dem Unglück vom 9. Februar, dem verhängnisvollen Faschingsdienstag, hatte sie mitgeteilt, dass sich der Beschuldigte im Beisein seines Anwaltes ausführlich zu den Vorwürfen geäußert habe. Das Spiel am Smartphone verschwieg er offensichtlich. Vielleicht wurde er auch nicht danach gefragt. Vor zwei Wochen platzte dann zunächst Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU ) mit der Nachricht heraus, dass der Fahrdienstleiter nach Bemerken seines verhängnisvollen Signalfehlers auch die falschen Notruf-Tasten drückte. Statt die Lokführer der beiden aufeinanderzurasenden Züge zu warnen, ging der Alarm bei den Fahrdienstleitern der Umgebung und in der Zentrale ein. Die Katastrophe war nicht mehr zu stoppen.

Sollten sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft im Prozess bewahrheiten, muss der Fahrdienstleiter mit einer hohen Strafe rechnen. Die Anklagebehörde spricht schon jetzt nicht mehr nur von einem augenblicklichen Versagen, sondern von einer "erheblich schwerer ins Gewicht fallenden Pflichtverletzung". Die Höchststrafe bei fahrlässiger Tötung beträgt fünf Jahre. Und auch zivilrechtlich könnten auf den 39-Jährigen beziehungsweise die DB nach Bekanntwerden des vorschriftswidrigen Handyspielens im Dienst erhebliche Forderungen zukommen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort