Erst pusten, dann losfahren

Den Haag. Piet greift zu dem Schlauch neben dem Lenkrad, bläst kräftig hinein. Dann startet er den Motor. "Sie sehen, ich habe nichts getrunken", sagt er. "Sonst müssten wir zu Fuß gehen." Der 54-jährige Niederländer aus Amsterdam war mit 1,4 Promille am Steuer erwischt worden

Den Haag. Piet greift zu dem Schlauch neben dem Lenkrad, bläst kräftig hinein. Dann startet er den Motor. "Sie sehen, ich habe nichts getrunken", sagt er. "Sonst müssten wir zu Fuß gehen." Der 54-jährige Niederländer aus Amsterdam war mit 1,4 Promille am Steuer erwischt worden. Der Richter brummte ihm eine Geldstrafe von über 600 Euro auf und stellte ihn vor die Wahl: Entweder fünf Jahre keinen Führerschein oder ein Alkoholschloss. "Ich habe das Schloss gewählt. Es diszipliniert mich", sagt Piet.Er gehört zu den ersten von rund 2200 Alkoholsündern, die die niederländischen Behörden künftig pro Jahr an die "Leine" legen wollen. Für 1000 Euro musste er das "Alcoholslot" in sein Auto einbauen lassen, weitere 100 Euro pro Monat kostet die Miete. Das Auto startet jetzt nur, wenn der Fahrer weniger als 0,2 Promille Alkohol im Blut hat. Zudem muss er am Therapieprogramm "Alkohol und Verkehr" teilnehmen.

"In den Niederlanden sterben jedes Jahr rund 700 Menschen im Verkehr, in 20 Prozent der Fälle werden die Unfälle durch Alkohol verursacht", sagt Hans van Santen, Direktor der Straßenverkehrsbehörde. "Mit dem Alkoholschloss hoffen wir, viele Menschenleben zu retten."

Im Internet kursieren mittlerweile Tipps, wie man das Gerät angeblich austricksen kann: Vor dem Trinken Luft in einen Luftballon blasen oder Sauerstoff aus einer Flasche für Taucher abzapfen. Doch der Alkomat erkenne die Täuschung sofort, weil Atemluft feucht und warm ist, sagt Gerrit Grefelmann, der die Wegfahrsperre entwickelt hat. Bliebe der Ausweg, den nüchternen Beifahrer blasen zu lassen. Doch wer dabei erwischt wird, bekommt einen Eintrag im Führerschein und wird verschärft kontrolliert. Außerdem werden alle vergeblichen Versuche, das Fahrzeug zu starten, registriert und den Behörden übermittelt. Darüber hinaus muss der Fahrer drei Mal pro Stunde erneut in das Röhrchen pusten. Liegt der Alkoholwert über 0,2 Promille (also noch unter der Grenze von 0,5 Promille in Holland), geht der Motor aus.

Projektmanager Grefelmann ist überzeugt, dass das Alkoholschloss bald zur Grundausstattung aller Fahrzeuge in Europa gehören könnte. In Schweden wurde das Gerät 1999 eingeführt, auch in Lkw und Bussen. Frankreich steht kurz vor der behördlichen Genehmigung. Weitere EU-Staaten testen. In Deutschland gibt es bisher keine offiziellen Vorstöße.

Piet jedenfalls gibt sich einsichtig: "Ich brauche wohl die ständige Kontrolle." Deshalb habe er sich auch für diesen Weg entschieden - trotz der hohen Kosten.

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