„Er hat sie wie Hunde behandelt“

Cleveland · Über ein Jahrzehnt hielt er drei junge Frauen in seinem Haus gefangen. Gestern wurde Ariel Castro (52) der Haftrichterin vorgeführt. Nachbarn werfen der Polizei vor, auf Hinweise nicht reagiert zu haben.

Der untersetzte Mann im blauen Häftlingsanzug starrt mit gesenktem Haupt auf den Boden, während Staatsanwalt Brian Murphy das Sündenregister vorträgt. Der seit November arbeitslose Schulbusfahrer soll Michelle Knight (30), Amanda Berry (27) und Gina DeJesus (23) entführt und seit mehr als einem Jahrzehnt in seinem Haus in Cleveland festgehalten haben. Ebenso ein heute sechsjähriges Mädchen, das Berry in Gefangenschaft zur Welt brachte.

Castro habe die Frauen "schrecklich gequält", sagt der Ankläger, der dem Puerto Ricaner Entführung und wiederholte Vergewaltigung vorhielt. Seine beiden Brüder Onil (50) und Pedro (54) konnten das Gericht als freie Männer verlassen. Sie haben nach Erkenntnissen der Ermittler weder von den Vorgängen gewusst, noch waren sie daran beteiligt.

Ariel Castro führte ein perfektes Doppelleben. Tagsüber fuhr er mit seinem Bus Kinder zur Schule. Am Wochenende spielte er Bass in einer Salsa-Band. Gelegentlich brachte er in seinem roten Pick-up-Truck ein kleines Mädchen zu einem nahe gelegenen Spielplatz. Er habe sich immer gefragt, was es mit dem Kind auf sich habe, erzählt Nachbar Moises Cintron einem US-Reporter. Er habe sich jedoch nie zu fragen getraut. Anderen erzählte Castro, die Kleine sei seine Enkelin. Tatsächlich hatte er sie bei einer der unzähligen Vergewaltigungen Amanda Berrys gezeugt. Die Gefangene brachte das Baby über einem Plastikschwimmbecken zur Welt. Castro zwang die ältere Michelle Knight, ihr zu helfen. Sie selber sei fünf Mal von Castro geschwängert worden, erzählte Knight. Jedes Mal habe er sie danach ausgehungert und ihr in den Unterleib geschlagen, bis sie ihren Fötus verlor. Knight ist die einzige der drei Frauen, die noch nicht wieder bei ihrer Familie ist. Amanda und Gina kehrten am Mittwoch in die mit Ballons geschmückten Häuser ihrer Lieben zurück.

Die Ermittler sicherten in dem Haus an der Seymour Avenue Beweismaterial. Darunter Stricke und Ketten, mit denen Castro die Frauen züchtigte. Eine Cousine von Gina DeJesus berichtet, die Frauen seien Anfangs im Keller eingesperrt gewesen. "Er hat sie wie Hunde behandelt." Später durften sie in die erste Etage ziehen. Die Jahrestage der jeweiligen Entführung markierte Ariel mit besonderer Perversität. Er servierte Abendessen und Kuchen.

Mehrere Nachbarn berichten, sie hätten Castro mit einer nackten Frau auf allen Vieren an einer Hundeleine im Garten gesehen. Die Polizei habe nicht darauf reagiert. Ein Vorwurf, den der Stellvertretende Polizei-Chef von Cleveland, Ed Tomba, entschieden zurückweist. Andere Hinweise auf die düstere Seite des Entführers finden sich in dem Besuchsverbot seiner Kinder nach der Trennung von seiner inzwischen verstorbenen Frau Grimilda Figueroa. Diese hatte Ariel lange vor den Entführungen verlassen, nachdem er ihr Nase und Rippen gebrochen, die Schulter ausgekugelt und sie mit dem Tod bedroht hatte.

Auf seiner Facebook-Seite präsentiert sich Castro als begeisterter Großvater von fünf Enkeln. Überschwänglich gratulierte er kürzlich seiner Tochter Arlene (22) zur Geburt ihres Jungen. Während er den fürsorglichen Vater mimte, misshandelte er Gina - die beste Freundin seiner Tochter.

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