Ende einer Delikatesse

San Francisco. Noch wirbt das Feinschmecker-Restaurant "Mélisse" im kalifornischen Santa Monica mit einem achtgängigen "Foie for All"-Menü zum Preis von 185 Dollar. Von der Vorspeise bis zum Dessert enthält jedes Gericht die umstrittene Fettleber-Delikatesse. Doch mit dem Foie-gras-Gelage ist bald Schluss: Am 1

 Vom Mastbetrieb aufs Silbertablett: Foie gras.Foto: dpa

Vom Mastbetrieb aufs Silbertablett: Foie gras.Foto: dpa

San Francisco. Noch wirbt das Feinschmecker-Restaurant "Mélisse" im kalifornischen Santa Monica mit einem achtgängigen "Foie for All"-Menü zum Preis von 185 Dollar. Von der Vorspeise bis zum Dessert enthält jedes Gericht die umstrittene Fettleber-Delikatesse. Doch mit dem Foie-gras-Gelage ist bald Schluss: Am 1. Juli führt Kalifornien als erster US-Staat ein striktes Verbot ein. Nicht nur Herstellung und Verkauf der Stopfleber sind dann tabu, auch der Handel mit Federn und anderen Produkten von Gänsen und Enten, die mit Riesenmahlzeiten gestopft wurden, wird verboten.Für Tierschützer ist das Inkrafttreten des neuen Gesetzes längst überfällig. Bereits 2004 war das Verbot in Kalifornien beschlossen worden, der damalige Gouverneur Arnold Schwarzenegger segnete es ab. Landwirten und Restaurants wurde viel Zeit gelassen, um sich auf den Bann einzustellen oder Vorschläge zu einer humaneren Fütterung zu unterbreiten. Bei der Zwangsfütterung wird den Tieren mehrmals täglich mit langen Stäben oder Druckluft Getreide in den Magen gepresst. Ihre Lebern werden dadurch unnatürlich groß - und fein im Geschmack, wie Fans finden.

Beim Countdown zum Foie-gras-Verbot liegen sich nun Gourmets, Gesetzgeber und Tierschützer in den Haaren. "Mélisse"-Chef Josiah Citrin gehört zu einer Gruppe von über 100 Promi-Köchen in Kalifornien, die sich für die Gänseleber starkmachen. "Coalition for Humane and Ethical Farming Standards" (CHEFS) nennen sie ihre Initiative für eine "humane und ethische" Tierhaltung. Sie seien gegen das Stopfleberverbot, aber für die Behandlung von Tieren "mit Respekt und Würde". Sie sollten Auslauf haben und so gestopft werden, dass sie dabei nicht verletzt werden. Der demokratische Politiker John Burton, der 2004 das Verbot mitverfasste, feuerte mit gepfefferten Worten zurück. Er wollte den Köchen am liebsten "Enten- und Gänsefett, oder besser noch trockene Haferflocken immer und immer wieder in den Rachen stopfen".

Der Staat Kalifornien hat einige Spitzenköche und Bürger auf seiner Seite. Bereits 2007 verbannte Hollywoods Star-Koch Wolfgang Puck Gänseleber von seinen Menüs. 2008 stimmten die Wähler in Kalifornien für eine humanere Haltung von Hühnern, trächtigen Schweinen und Kälbern. Bis 2015 müssen Landwirte zu enge Käfige abschaffen. Ab 2013 sind in Kalifornien der Handel und die Verarbeitung von Haifischflossen verboten.

In Deutschland ist das Stopfen von Gänsen und Enten - wie in vielen anderen EU-Staaten auch - verboten. Die Überfütterung der Tiere wird als Tierquälerei angesehen. Angesichts des freien EU-Binnenmarkts wird der Import und Verkauf von Foie gras aber weiter zugelassen. Frankreichs Foie-gras-Industrie ist mit einer Jahresproduktion von rund 20 000 Tonnen mit Abstand die weltweit größte. Bereits 2006 wurde die Delikatesse per Gesetz als "Kultur- und Gastronomieerbe Frankreichs" dort unter besonderen Schutz gestellt.

Gourmet-Köche in Kalifornien rechnen mit Beschwerden ihrer Kunden. Nathan Ballard, Sprecher der CHEFS-Initiative, befürchtet zudem, dass ein Schwarzmarkt für Gänseleberprodukte entstehen wird. Im Interview mit der Zeitung "USA Today" verwies er auf ein kurzlebiges Verkaufsverbot der Delikatesse in Chicago im Jahr 2006. Findige Köche umgingen den Bann, indem sie Croûtons für 25 Dollar verkauften und die Foie gras umsonst dazureichten, erzählt Ballard. Das Verbot wurde zwei Jahre später wieder abgeschafft.

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