Extreme Temperaturen in den USA Eiseskälte hält die Amerikaner in Atem

Chicago · Die extremen Temperaturen bis minus 40 Grad Celsius forderten in den USA bereits mehrere Menschenleben.

 In St. Paul im US-Bundessaat Minnesota löschen Feuerwehrleute während einer Kältewelle einen Brand in einem Wohnhaus. Durch das Löschwasser entstehen bizarre Eisformationen. Eisige Temperaturen mit rekordverdächtigen Minuswerten haben derzeit weite Teile der USA im Griff.

In St. Paul im US-Bundessaat Minnesota löschen Feuerwehrleute während einer Kältewelle einen Brand in einem Wohnhaus. Durch das Löschwasser entstehen bizarre Eisformationen. Eisige Temperaturen mit rekordverdächtigen Minuswerten haben derzeit weite Teile der USA im Griff.

Foto: dpa/David Joles

Bei der amerikanischen Post gilt die Devise, dass es kein Wetter gibt, das einen Postboten nicht ausrücken lässt. Vielleicht abgesehen von einem Hurrikan. Weder Schnee noch Regen noch Hitze noch „die Finsternis der Nacht“, lautet der inoffizielle Slogan dazu, könnten sie stoppen, die Briefträger in ihren prägnant altmodischen, leise dahinsurrenden Lieferwagen, die an Schuhkartons auf Rädern denken lassen. Nun musste die amerikanische Post, zum ersten Mal in ihrer Geschichte, wie sie betont, die Zustellungen gleich in mehreren Bundesstaaten kältebedingt unterbrechen, von North Dakota und Nebraska über Illinois bis nach Ohio. Die Gesundheit des Personals habe Vorrang, in derart eisigem Wind könne man keinem zumuten, Briefe auszutragen, sagte Kim Frum, die Sprecherin des Postal Service.

Ein arktischer Kälteschwall ist in den USA das Thema der Woche, was immer sonst an politischen Turbulenzen passiert. Er ließ die Temperaturen in Teilen des Landes auf Werte sinken, wie sie dort seit zwanzig Jahren nicht mehr gemessen wurden. Drei Bundesstaaten, Illinois, Michigan und Wisconsin, riefen den Notstand aus.

Den Rekord stellte am Mittwoch Norris Camp auf, eine Barackensiedlung in Minnesota: minus 48 Grad Fahrenheit, was minus 44 Grad Celsius entspricht. Gefühlt im Wind, fügten die Meteorologen des National Weather Service hinzu, war es noch um fast 20 Grad Fahrenheit kälter, etwa 54 Grad Celsius. Hell, ein Dorf in Michigan, lieferte den Wetterreportern Steilvorlagen für ihre Ansagen. „Even Hell has frozen over“, verkündeten sie, selbst die Hölle sei zugefroren.

Gestern erreichte die Kältewelle auch die Metropolen der Ostküste, darunter New York und auch Washington, die Hauptstadt, die mit ihren dürftig wärmeisolierten Gebäuden vielleicht auf ein paar Tage Frost im Jahr eingestellt ist, nicht aber auf die minus 17 Grad Celsius, die gemeldet wurden. Wer aus dem Haus gehe, solle unbedingt darauf achten, mehrere Kleidungsstücke übereinander zu tragen, empfahl die Moderatorin des Senders NBC. „Und bitte, lassen Sie Ihre Haustiere heute drin!“

Mindestens acht Menschen sind bereits an den Folgen der Kälte gestorben. Ein Mann in Milwaukee erfror in seiner Garage, nachdem er draußen, offenbar beim Schneeschaufeln, zusammengebrochen war. In Iowa City wurde nachts der froststeife Körper eines Studenten auf dem Campus der örtlichen Universität gefunden. Warum er dort lag, ist noch nicht geklärt. Im Krankenhaus konnten Ärzte nur noch den Tod des Achtzehnjährigen feststellen.

Der Bürgermeister Chicagos ließ mehr als sechzig zusätzliche Wärmestuben einrichten, damit Obdachlose Schutz finden konnten. An den staatlichen Schulen der Stadt fiel an mehreren Tagen der Unterricht aus. Museen blieben geschlossen, fällige Gerichtsverhandlungen fanden nicht statt, der Zoo empfing keine Besucher.

Allein in Chicago, einer Drehscheibe der amerikanischen Luftfahrt, fielen innerhalb von 24 Stunden rund 1700 Flüge aus. Das Enteisen der Maschinen hielt nicht annähernd Schritt mit der Frequenz des Flugplans. Das Bahnunternehmen Amtrak strich sämtliche Züge, die die „Windy City“ am Michigansee, einen wichtigen Knotenpunkt des Schienennetzes, ansteuern oder dort starten sollten. Auf den Gleisen der S-Bahn wurden an einigen Stellen absichtlich gasbefeuerte Flammen entzündet, um das Einfrieren zu verhindern.

In Rochester, einer 115 000-Einwohner-Stadt in Minnesota musste der Busverkehr eingestellt werden, nachdem sich Probleme mit der Mechanik gehäuft hatten. In Michigan appellierte Gouverneurin Gretchen Whitmer an alle Bewohner ihres Staats, die Temperaturregler ihrer Heizungen bis Freitag auf maximal 65 Grad Fahrenheit (18 Grad Celsius) einzustellen. Die Gasunternehmen könnten der sprunghaft angestiegenen Nachfrage sonst nicht gerecht werden.

Schuld an der Kältewelle ist eine Schwächung des sogenannten Polarwirbels, eines Wirbels extrem kalter Luft, der sich normalerweise gegen den Uhrzeigersinn über der Arktis dreht. Wird er gestört, können die kalten Luftmassen in Richtung Süden entweichen.

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