Eine Weinsorte für jedermann

Paris. Welcher Weinliebhaber hat nicht schon einmal davon geträumt, als Winzer seinen eigenen Wein machen zu können? Für die meisten allerdings blieb das bisher ein Traum, denn für die Verwirklichung muss man in der Regel über das nötige Kleingeld verfügen

Paris. Welcher Weinliebhaber hat nicht schon einmal davon geträumt, als Winzer seinen eigenen Wein machen zu können? Für die meisten allerdings blieb das bisher ein Traum, denn für die Verwirklichung muss man in der Regel über das nötige Kleingeld verfügen. Gerade in renommierten Anbaugebieten wie Bordeaux ist ein eigenes Weingut ein teurer Spaß, den sich nur Gutbetuchte wie der Chef des Luxuskonzerns LVMH, Bernard Arnault, leisten können. Seit kurzem jedoch bietet ein amerikanisches Unternehmen Privatleuten in Bordeaux an, ihren eigenen Wein zuzuberieten - vor Ort oder per Internet. Das Konzept von Crushpad, so der Name der Firma, stammt aus Kalifornien.

Er sei verrückt, hätten ihm viele gesagt, berichtet Frankreich-Chef Stephen Bolger. Wieder andere hätten ihn einfach nur mit großen Augen angestarrt, als er in Bordeaux für die Geschäftsidee warb - einem für das berühmteste Weinanbaugebiet der Welt gerade zu revolutionären Vorschlag. Denn Crushpad bietet Kunden an, den Inhalt eines Barriquefasses zu kaufen und dessen Weinbereitung von A bis Z mit zu gestalten. Eine im Vergleich zum Kauf eines Weinguts günstigere, wenngleich auch nicht ganz billige Alternative. Kunden können zwischen Trauben aus acht verschiedenen Parzellen in den Appellationen St. Emilion, Margaux, Haut-Médoc, Canon-Fronsac und Côtes-de Castillon wählen und die Weinbereitung dann von der Ernte bis zur Abfüllung in Flaschen mit Hilfe von Önologen durchführen. Wer will, reist nach Bordeaux, wer nicht kann, kreiert seinen eigenen Wein mit Hilfe von spezieller Software im Internet. Einzige Voraussetzung: Jeder Neu-Winzer muss bei Crushpad mindestens ein Barriquefass à 225 Liter seiner Cuvée ordern. Die Preise dafür reichen je nach Lage von 6750 bis 9000 Euro.

Die Weinbreitung selber erfolgt in den Kellereien von Château Teyssier, einem Weingut mit gutem Ruf in St. Emilion. "Ich kannte das Konzept, denn ich mache auch Wein im Nappa Valley", sagt Besitzer Jonathan Maltus. Nicht weit davon entfernt begann 2003 die Geschichte von Crushpad. Firmengründer Michael Brill, damals Vize-Chef eines Informatikunternehmens, hatte in seinem Garten im Silicon Valley Weinreben angebaut und beschlossen, in seiner Garage daraus Wein zu bereiten. Seine Nachbarn waren so fasziniert, dass sie mitmachten oder ihm einfach nur über die Schulter guckten. Ein Jahr später kündigte Brill seine Stelle und gründete Crushpad. Im vergangenen Jahr zählte die Firma 5000 vor allem nordamerikanische Kunden, die sich teilweise in Gruppen zusammengeschlossen haben und so rund 1000 Barriques produzierten. Im Vergleich zur Weinproduktion der USA, die 2007 auf zehn Millionen Barriques kam, ist das allerdings verschwindend gering. Frankreich-Chef Bolger sieht das Unternehmen denn auch nicht als Konkurrenz für Winzer und Weinhändler. Die Kunden seien echte Weinliebhaber, die ihren Keller nicht nur mit ihrer eigenen Cuvée füllen würden.

Einzigartig ist die Idee von Crushpad allerdings nicht, denn in Schottland kann man in Seminaren Whisky ebenfalls selber herstellen.

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Weinberge in den Top-Appellationen von Bordeaux haben ihren Preis. So kostet ein Hektar in Pomerol beispielsweise 900 000 Euro. Für Spitzen-Châteaus werden jedoch auch dort Spitzen-Preise von bis zu einer Millionen Euro pro Hektar verlangt. Das Renomee bestimmt auch in den übrigen französischen Anbaugebieten die Preise. wü

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