Eine Lektüre voller kurioser Zahlen

Wiesbaden. Ganz harmlos, mit einer Deutschlandkarte, fängt es an. Doch auf 745 Seiten versammelt das kürzlich veröffentlichte Statistische Jahrbuch 2010 vor allem eins: Zahlen. Zu allen denkbaren Kategorien hat sie das Statistische Bundesamt zusammengetragen und fein säuberlich in Tabellen abgedruckt

Wiesbaden. Ganz harmlos, mit einer Deutschlandkarte, fängt es an. Doch auf 745 Seiten versammelt das kürzlich veröffentlichte Statistische Jahrbuch 2010 vor allem eins: Zahlen. Zu allen denkbaren Kategorien hat sie das Statistische Bundesamt zusammengetragen und fein säuberlich in Tabellen abgedruckt. Um das auf den ersten Blick wenig einladende Werk dennoch interessant zu machen, verspricht Amtspräsident Roderich Egeler im Vorwort, dass es sich "zum Nachschlagen und zum Schmökern gleichermaßen" eigne. Unrecht hat er nicht, denn im Detail stecken viele Kuriositäten. Die Experten widmen sich in dieser Ausgabe intensiv den Lastern der Deutschen und listen zum ersten Mal harte Fakten zu Übergewicht und Rauchgewohnheiten auf: Mit im Schnitt 84,7 Kilogramm bei den Männern und 70,4 Kilogramm bei den Frauen lebten 2009 die schwersten - aber nicht zugleich größten - Deutschen in Mecklenburg-Vorpommern. Und fast 1,7 Millionen Menschen rauchten mehr als 20 Kippen pro Tag. So werden allerhand Wahrheiten über die Gesellschaft aufgelistet: Für Zahnersatz wurden vor zwei Jahren 12,8 Milliarden Euro ausgegeben - so viel wie nie zuvor. Mit fast einer halben Million Tonne Eiscreme wurde so wenig Gefrorenes genascht wie in den acht Vorjahren nicht. Zugleich verdoppelte sich die Zahl der selbstständigen Psychologen.Pikante Einzelheiten Immer wieder machen die Angaben Unterschiede zwischen den Bundesländern deutlich. So lebten die Hamburger zuletzt am engsten: auf 36,2 Quadratmetern pro Einwohner - Saarländer hatten zwölf mehr. Beschaulich ist es in Rheinland-Pfalz, wo es knapp zwei Drittel aller Gemeinden mit weniger als 100 Bewohnern gibt. Den grünen Daumen, gemessen an der Ausbeute beim Zierpflanzenanbau, haben die Nordrhein-Westfalen - außer bei Chrysanthemen. Da liegen die Niedersachsen vorn. Und auch wer schon immer Vorurteile amtlich bestätigt haben wollte, wird in der Statistik fündig: Eine der wenigen, farbigen Grafiken zeigt, dass in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr die meisten Bausparverträge pro Einwohner bestanden. Interessant sind Vergleiche innerhalb einer Tabelle, wie bei den Erstauflagen 2009: Bücher zu Naturwissenschaften und Mathematik gab es weniger als halb so viele wie zu Religion. Tennis- und Schützenvereine hatten im vergangenen Jahr mit je etwa anderthalb Millionen ähnlich viele Mitglieder - und waren damit fast doppelt so groß wie die Leichtathletik-Spitzenverbände. Neun heiratenden männlichen Jugendlichen stehen 183 gleichaltrige Mädchen gegenüber. Hochzeit mit über 60 Jahren feierten 15 248 Männer und 7352 Frauen. Selbst die in Zahlenform gepresste Politik hält pikante Details parat. Am meisten Probleme scheint das Kreuzchenmachen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zu bereiten: Mit 4,6 Prozent war der Anteil der ungültigen Stimmen so hoch wie bei keiner anderen Wahl 2009 in Deutschland. Und für den Wälzer gilt: Auf Kleingedrucktes achten. Dort erfahren Leser etwa in der Bevölkerungsstatistik, dass die Zahlen für Ost- und West-Berlin erst seit 2001 vereint sind. Bürger des Kosovo können als "Altfälle" in Serbien enthalten sein. Und beim Ausstoß in die Umwelt werden zwischen CO2 und Dünger nur "Brems- und Reifenverluste" extra ausgewiesen: mit 0,1 Millionen Tonnen der geringste Wert in der Tabelle.www.destatis.de

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