"Ein Weg zu neuer Zuversicht"
München. Sie stürzte, ihre Milz riss, dann war er allein - ganz plötzlich. Nichts sei ihm mehr von der Hand gegangen, erinnert sich Erhardt Schubert an die ersten Monate nach dem Tod seiner Frau vor drei Jahren. Der heute 61-Jährige schottete sich in der Wohnung ab. Als Chaos und Unordnung immer größer wurden, wurde ihm klar: Er muss "raus aus dem Loch"
München. Sie stürzte, ihre Milz riss, dann war er allein - ganz plötzlich. Nichts sei ihm mehr von der Hand gegangen, erinnert sich Erhardt Schubert an die ersten Monate nach dem Tod seiner Frau vor drei Jahren. Der heute 61-Jährige schottete sich in der Wohnung ab. Als Chaos und Unordnung immer größer wurden, wurde ihm klar: Er muss "raus aus dem Loch". In einer Gesprächsgruppe für Trauernde stieß er dann auf einen Flyer des Bayerischen Pilgerbüros. Eine "Reise für Menschen in schwierigen Lebenssituationen" war darin ausgeschrieben. Damit das Angebot nicht so negativ klingt, wie die Produktmanagerin des Bayerischen Pilgerbüros, Christina Tölkes, erklärt. Mit einer Wandertour "auf dem Weg zu neuer Zuversicht", lautete die Einladung, von der sich der Witwer sofort angesprochen fühlte.Trauerreisen bietet das Pilgerbüro erst seit einem Jahr an. 2010 wollten so viele mit, dass der Veranstalter gleich fünf davon in seinen nächsten Katalog aufnahm. Das Pilgerbüro folgt damit einem Branchentrend. Nicht nur christliche Anbieter, auch große Touristiker haben neben Kreuzfahrten und Städtetouren inzwischen auch Trauerreisen im Programm - und werben dafür gezielt bei Bestattern und in Hospizvereinen. Hinterbliebene wollten heute nicht mehr alleine sein, sagt der Tourismusforscher Harald Pechlaner von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die Gesellschaft insgesamt gehe inzwischen offener mit Trauer um. Daraus habe sich eine Nachfrage entwickelt, auf die Reiseanbieter reagiert hätten - mit steigender Tendenz. Die vielfältigen Beweggründe der Mitfahrer sind eine Herausforderung für Reiseleiter Norbert Parucha. Vor dem Start muss sich der Psychotherapeut genau anschauen, mit wem er es zu tun hat. "Frauen sind offener für viele Übungen, Männer mögen es bodenständig", hat Parucha festgestellt. Wobei der Frauenanteil in den Reisegruppen meistens größer ist.
Erhardt Schubert hatte hohe Erwartungen an die Reise. Das Wandern, die Gespräche mit dem Leiter und der Austausch mit den anderen Teilnehmern haben ihm gut getan. Obwohl Meditationen für den Katholiken Neuland bedeuteten, konnte er sich darauf einlassen. Schon auf der Heimfahrt merkte der Bankkaufmann, dass es ihm besser ging.
Zu Hause konnte Schubert zum ersten Mal das Bild seiner Frau anschauen und "hallo Schatz" sagen. Er will noch einmal mit Parucha und einer Gruppe losziehen. Diesmal jedoch "nicht als trauernder, sondern als glücklicher Mensch".