Ein Tagesausflug endet im Flammeninferno

Bordeaux · Beim schwersten Unfall in Frankreich seit über 30 Jahren sind 43 Menschen ums Leben gekommen. Der Bus einer Seniorengruppe fuhr östlich von Bordeaux auf einen Holztransporter.

Wer das ausgebrannte Wrack des Reisebusses sieht, kann sich nicht vorstellen, dass jemand lebend aus dem verkohlten Gerippe herauskam. 43 Menschen starben laut Gendarmerie in dem Inferno, das sich gestern Morgen gegen halb acht auf der Landstraße D17 rund 50 Kilometer östlich von Bordeaux ereignete. Ein Reisebus mit 48 Senioren, die zu einem Tagesausflug unterwegs waren, fuhr in einer Kurve in einen Holzlaster und fing sofort Feuer. Der Lkw-Fahrer hatte auf der feuchten Straße offenbar die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, so dass sein Anhänger quer stand. Der Busfahrer sah den Transporter zu spät und fuhr hinein. Nur acht Menschen überlebten das Unglück, vier davon schwer verletzt.

Nur leicht verletzt wurde der Busfahrer, der geistesgegenwärtig die Türen öffnete, um wenigstens einige Insassen zu retten. Ein Autofahrer, der hinter dem Bus herfuhr, wurde ebenfalls zum Lebensretter: Er schlug die Scheibe des Unglücksfahrzeugs ein, um Passagiere herauszuholen. In der Kabine des Lkw-Fahrers, der ums Leben kam, fanden die Rettungskräfte auch die Leiche eines dreijährigen Jungen, wahrscheinlich sein Sohn.

Erst sieben Kilometer waren die Reisenden unterwegs, als sich das Drama im berühmten Weinanbaugebiet Saint-Emilion ereignete. Sie waren am frühen Morgen in der kleinen Gemeinde Petit-Palais gestartet. Die Mitglieder des Seniorenclubs waren auf dem Weg in die Pyrenäen, um dort den berühmten Bayonne-Schinken zu kosten, und sollten am Abend wieder zurück sein.

"Ich habe die Nachricht erhalten, als ich Brot kaufte. Meine Frau ist mit zwei Freundinnen gegen sieben Uhr aufgebrochen", berichtete der Lebensgefährte eines der Opfer der Zeitung "Sud Ouest". 16 Senioren aus Petit-Palais, einem Dorf mit 700 Einwohnern, saßen im Bus - nur einer überlebte. Bürgermeisterin Patricia Raichini soll drei Familienangehörige verloren haben. Ihr Vorgänger Michel Rogerie, Vorsitzender des Seniorenclubs , soll auch unter den Opfern sein. Die Kurve, in der sich der Unfall ereignete, war als gefährlich bekannt. "Es gab dort schon früher Unfälle", räumte der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Puisseguin, wo die Unglücksstelle liegt, im Radio ein. Warum der Bus so schnell ausbrannte, ist noch unklar. "Das fragen wir uns auch", sagte der Gendarmerie-Sprecher.

"Das ist ein furchtbarer Schock für die Region und ganz Frankreich", reagierte Regierungschef Manuel Valls, der zusammen mit Innenminister Bernard Cazeneuve und Verkehrsminister Alain Vidalies nach Puisseguin gekommen war. Präsident François Hollande äußerte sich in Athen, wo er zu einem zweitägigen Besuch eingetroffen war. Der Staatschef sprach auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras von einer Katastrophe - "das Wort ist nicht zu stark". Wenige Stunden zuvor hatte der Elysée-Palast bereits erklärt, der Unfall sei eine "sehr große Tragödie". Beileidsbekundungen kamen aus aller Welt, auch von Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel.

Es handelt sich um den schwersten Unfall in Frankreich seit über 30 Jahren. 1982 waren auf einer Autobahn nahe Dijon 52 Menschen ums Leben gekommen, als ebenfalls ein Reisebus mit mehreren Autos kollidierte. Unter den Opfern waren 44 Kinder.

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HintergrundIn Europa kommt es immer wieder zu schlimmen Busunfällen: Dezember 2014: Bei dem Busunfall auf der A4 bei Bad Hersfeld (Hessen) kommen fünf Menschen ums Leben. Der Bus war eine Böschung hinabgestürzt. Juli 2014: Elf Menschen sterben, als auf der A4 bei Dresden ein Reisebus aus Polen auf einen ukrainischen Bus auffährt. Juli 2013: In Italien stürzt ein Bus bei Neapel in eine Schlucht, 38 Insassen sterben. März 2012: In einem Schweizer Tunnel kommen 28 Menschen ums Leben, die meisten waren Schüler aus Belgien. Ihr Bus war gegen die Wand einer Nothaltebucht geprallt.November 2008: Nahe Hannover geht auf der A2 ein Reisebus wegen eines technischen Defekts in Flammen auf. 20 Mitglieder einer Reisegruppe kommen ums Leben. dpa

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