Ein Stück unberührter DDR-Alltag

Leipzig. Verstaubte Flaschen mit "Hit-Cola" auf dem Küchentisch, im Brotfach die berühmt-berüchtigten Gummibrötchen: Was der Architekt Mark Aretz in einer Wohnung in Leipzig entdeckt hat, ist der pure DDR-Alltag. Dass Aretz die Entdeckung allerdings bei der Vorbereitung einer Altbau-Sanierung im Jahr 2008 machte, lässt sie spektakulär erscheinen

 Die DDR ist in dieser Wohnung noch lebendig. Foto: dpa

Die DDR ist in dieser Wohnung noch lebendig. Foto: dpa

Leipzig. Verstaubte Flaschen mit "Hit-Cola" auf dem Küchentisch, im Brotfach die berühmt-berüchtigten Gummibrötchen: Was der Architekt Mark Aretz in einer Wohnung in Leipzig entdeckt hat, ist der pure DDR-Alltag. Dass Aretz die Entdeckung allerdings bei der Vorbereitung einer Altbau-Sanierung im Jahr 2008 machte, lässt sie spektakulär erscheinen. 19 Jahre scheint die Wohnung im vierten Stock eines Hauses vergessen im Dornröschen-Schlaf vor sich hin gedämmert zu haben. "Da war nichts aus dem Westen drin", beteuert Aretz.

Stattdessen fanden sich reichlich Hinweise auf den letzten Wohnungsmieter: "Ausweispapiere, Führerschein, Briefwechsel". Demnach war der Mieter ein 24 Jahre alter Leipziger, der mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war. "Dokumentierbar waren zwei Haftstrafen, allerdings kürzerer Natur", berichtet der 44 Jahre alte Architekt. Er vermutet, dass der Mann die Wohnung damals Hals über Kopf verlassen hat. Bislang habe er noch nicht versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Möglich wäre es, denn Name und Geburtsdatum lägen ihm vor.

Aretz dokumentierte mit Fotos die unberührte "DDR-Wohnung" und holte auch einen Journalisten dorthin. Vermutungen, die realsozialistischen Arrangements in der Zweiraumwohung könnten getürkt sein, weist er vehement zurück. "Das was Sie auf den Bildern sehen, ist so vorgefunden worden." Inzwischen aber sei die Wohnung entrümpelt worden. Die Sanierung des Hauses laufe. Es solle wieder eine Zwei-Zimmer-Wohnung entstehen, "diesmal aber mit Bad" und nicht mehr, wie beim Original, dem Klo auf halber Treppe.

Ein Museum oder eine andere offizielle Stelle habe er nicht eingeschaltet, sagt Aretz. "Ich kenne den Fundus des stadtgeschichtlichen Museums. Das, was in der Wohnung war, hatte nicht das Niveau, was sie dort brauchen", sagt er. "Das war ein Sammelsurium der 50er bis 80er Jahre der DDR." Dazu zählten eine Waschmaschine aus den 1960er Jahren und eine "primitive Couchgarnitur, späte 70er".

"Nicht die Dinge an sich in der Wohnung waren das Ungewöhnliche, sondern diese Unversehrtheit nach so langer Zeit", sagt der Architekt. Nach Ansicht von Wohnungsmarktexperten ist ein solcher Fund zwar in der Tat selten, aber bei den vielen leerstehenden Altbauwohnungen in Leipzig durchaus möglich.

 Die DDR ist in dieser Wohnung noch lebendig. Foto: dpa

Die DDR ist in dieser Wohnung noch lebendig. Foto: dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi (Foto: dpa) hat mit Äußerungen über die "schönen italienischen Mädchen" im Zusammenhang mit Vergewaltigungen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Zum Thema Vergewaltigung sagte der Ministerpräsident, es w
Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi (Foto: dpa) hat mit Äußerungen über die "schönen italienischen Mädchen" im Zusammenhang mit Vergewaltigungen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Zum Thema Vergewaltigung sagte der Ministerpräsident, es w