„Ein Stück aus dem Tollhaus“

Leverkusen/Werl · Darf ein Muslim in einem katholischen Verband Schützenkönig werden? Nach Meinung des Dachverbands verbietet das die Satzung. Noch ist unklar, ob der Schützenkönig von Werl seine Königskette behalten darf.

Der Fall eines muslimischen Schützenkönig in einem katholischen Schützenverein sorgt weiter für Wirbel. Morgen wollen die Vorstände des katholischen Dachverbands "Bund Historischer Deutscher Schützenbruderschaften" und des betroffenen Mitgliedsvereins über den Fall beraten, wie Sprecher Rolf Nieborg gestern sagte. Bis dahin lasse sich zu Konsequenzen nichts sagen. Der Bundesgeschäftsführer der Schützenbruderschaften, Ralf Heinrichs erklärte, der Verband sei seit 1996 ausdrücklich als katholischer Verband von der Erzdiözese Köln anerkannt und nehme laut Satzung nur Mitglieder christlichen Glaubens auf. Seit 1948 habe sich der Verband auch für evangelische Christen geöffnet. Er gehe gleichwohl davon aus, dass der muslimische Schützenkönig Mithat Gedik "Bestandsschutz" in seinem Werler Verein genieße und man eine Lösung finden werde. Der Dachverband hatte dem Schützenkönig die Teilnahme am Bezirksschützenfest untersagt. An die katholische Orientierung sei auch der Mitgliedsverband St. Georg gebunden, sagte der Sprecher. Ein Muslim hätte daher gar nicht erst aufgenommen werden dürfen. Anscheinend sei der türkischstämmige Schützenkönig so gut integriert gewesen, dass man ihn im Verein nicht nach seiner Religion gefragt habe. Die katholische Kirche hat kein Problem mit dem König. "Wir haben ihn herzlich willkommen geheißen", sagte der Werler Propst Michael Feldmann.

Der türkischstämmige Mithat Gedik war am 18. Juli aus dem Wettschießen seines Vereins als Schützenkönig hervorgegangen. Der in Deutschland geborene Schützenkönig gilt laut Medienberichten als ein "Paradebeispiel gelungener Integration": Der Kaufmann leitet die Niederlassung eines Mannheimer Unternehmens. Zudem hat er den Berichten zufolge katholische Religionslehre als Abiturfach belegt, ist mit einer katholischen Frau verheiratet und hat vier Kinder, die alle katholisch getauft sind.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD ) rief die Beteiligten zu einer schnellen Einigung auf. "Ich hoffe, dass diese Peinlichkeit zügig aus der Welt geschaffen wird." Schneider nannte die Debatte ein "Stück aus dem Tollhaus", das von "Provinzialität" zeuge. Es gebe in NRW inzwischen viele Muslime , die Schützenkönige- oder Karnevalsprinzen seien.

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