Surfer-Coup auf Hawaii Ein perfekter Ritt auf der perfekten Welle

Kapstadt · Der hawaiianische Surfer Koa Smith hat Geschichte geschrieben: Er stand zwei Minuten auf einer 1,5-Kilometer-Welle.

 Die Suche hat sich gelohnt: Surfer Koa Smith auf der Welle seines Lebens vor der Küste von Namibia, gefilmt von einer Drohne. Unzählige Surfer dürften ihn beneiden.

Die Suche hat sich gelohnt: Surfer Koa Smith auf der Welle seines Lebens vor der Küste von Namibia, gefilmt von einer Drohne. Unzählige Surfer dürften ihn beneiden.

Foto: dpa/Chris Rogers

Zu sagen, er sei zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, ist korrekt. Zu behaupten, Koa Smith habe Glück gehabt, trifft es dagegen nicht ganz. Denn der 23-Jährige ist nicht nur ein Draufgänger. Bevor er auf sein Brett steigt, analysiert er mit wissenschaftlicher Präzision die Bedingungen. An der Atlantikküste von Namibia ist ihm so gerade ein unfassbarer Ritt gelungen.

Die Welle, die der Hawaiianer erwischte, schien kein Ende zu nehmen. Etwa 1,5 Kilometer legte er zurück – und surfte dabei 120 Sekunden am Stück. Noch erstaunlicher war, dass er währenddessen durch acht sogenannte Barrel fuhr. Achtmal wölbte sich die brechende Welle über seinem Kopf und formte dabei eine nahezu geschlossene „Röhre“.

Kameramann Chris Rogers filmte die gesamte Szene sowohl mit einer Drohne, die an der Welle entlang flog, als auch mit einem Kleingerät, das am Mundstück des Surfers befestigt war. „Ich habe das Gefühl, dass alles, was ich bisher in meinem Leben gemacht habe, auf diesen einen Moment zugelaufen ist“, sagt Smith über seine Meisterleistung im Juni.

Ähnlich wie Meteorologen einen schweren Sturm aufspüren, lesen auch Surfer wie Smith regelmäßig Wetterkarten. Wer sein Handwerk versteht, kann rechtzeitig voraussagen, wo die höchsten oder am besten geeigneten Wellen zu erwarten sind. Für Smith ist es selbstverständlich, auf der Suche nach der perfekten Welle alles stehen und liegen zu lassen.

Für seinen eindrucksvollen Ritt brach er zur Skelettküste auf – ein nur schwer zugänglicher und schier endloser Strand in der nördlichen Hälfte von Namibia. Wer von Hawaii aus anreist, ist zwei Tage mit Flugzeugen unterwegs. Es folgt eine lange Autofahrt quer durch die Namib-Wüste. Wer es bis zum Strand geschafft hat, muss sich diesen mit Hunderten teils aggressiven Robben und Schakalen teilen. Im Wasser lauern gelegentlich Weiße Haie. „Wenn du da draußen bist, bist du in gewisser Weise ganz auf dich gestellt“, sagt Smith. „Aber du denkst dort draußen gar nicht darüber nach. Und doch weißt du, dass du für diese Sache dein Leben aufs Spiel setzt.“

Aufgewachsen ist Smith auf der hawaiianischen Insel Kauai. „Es gibt dort nicht gerade viel zu tun“, sagt er. Auf einem Surfbrett habe er zum ersten Mal im Alter von drei Jahren gestanden. Mit sechs Jahren qualifizierte sich Smith für die nationalen Meisterschaften in seiner Altersgruppe, mit zwölf erhielt er einen Vertrag mit dem Sportartikelhersteller Nike.

Bei den Sommerspielen 2020 in Tokio hat das Surfen olympische Premiere. Zu Wettkämpfen hat der Hawaiianer ein gespaltenes Verhältnis. Den Reiz des Sports sieht Smith, wie viele andere Surfer auch, primär in der Jagd nach Wellen und Bildern. Dennoch nimmt er an Wettbewerben teil. „Wenn du gegen andere antrittst, musst du wirklich gut da­rin sein, auf schlechten Wellen zu reiten“, sagt er. Auch dies könne eine interessante Herausforderung sein. Ganz ausschließen wolle er eine Teilnahme in Tokio daher nicht.

 Der hawaiianische Surfer  Koa Smith (23) nach seinem spektakulären Wellenritt.

Der hawaiianische Surfer Koa Smith (23) nach seinem spektakulären Wellenritt.

Foto: AP/Koa Smith

Nach den eigentlichen Maßstäben der Lifestyle-Sportart hat er die Goldmedaille natürlich schon in der Tasche. Mit seinem spektakulären Ritt an der Skelettküste hat er etwas erreicht, wovon wohl fast alle ambitionierten Surfer träumen. „Als ich bereits vier Barrel hinter mir hatte, dachte ich nur: ‚Das ist unglaublich’“, sagt Smith. „Es sah so aus, als wäre die Welle vorbei, aber dann bildete sie sich neu.“ Er habe gesehen, dass die Drohne noch da gewesen sei – also habe er einfach weitergemacht. „Von einer guten Welle wurde es zu einer Welle, die dein Leben verändert.“

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