Ein-Kind-Politik ausgetrickst

Peking. Kein Zweifel, das Foto ist niedlich: Da sitzen acht chinesische Babys in identischen Stramplern und weißen Baumwollmützchen vor einem rosafarbenen Hintergrund mit floralem Muster

Peking. Kein Zweifel, das Foto ist niedlich: Da sitzen acht chinesische Babys in identischen Stramplern und weißen Baumwollmützchen vor einem rosafarbenen Hintergrund mit floralem Muster. Doch das Bild, das eigentlich für ein Fotostudio Werbung machen sollte, hat eine ganz andere Diskussion ausgelöst: Wie passen diese acht offensichtlichen Geschwister zur restriktiven Ein-Kind-Politik Chinas?Medizinisch sind Achtlinge möglich, aber extrem selten. Dass alle Kinder von einer Mutter ausgetragen und überleben würden, wäre daher eine echte Sensation und würde von den Medien nicht unbemerkt bleiben. Daher gibt es für die acht Kinder nur ein Erklärungsmodell: die Kombination aus künstlicher Befruchtung, Leihmutterschaft und sehr viel Geld.

Leihmutterschaft ist in China nicht unumstritten, aber erlaubt. Künstliche Befruchtung dagegen nicht. Wer jedoch genug Geld hat, lässt die Befruchtung im Ausland durchführen - oder illegal in China. Für die Vermittlung von Leihmüttern gibt es zahlreiche Internetagenturen. So diskutiert China derzeit über zweierlei: ob Leihmutterschaft moralisch vertretbar ist und darüber, wie weit man sich mit viel Geld über Gesetze hinwegsetzen kann. Im konkreten Fall - soviel ist bisher bekannt - hatte ein reiches chinesisches Paar nach jahrelanger Kinderlosigkeit den Weg der künstlichen Befruchtung gewählt, wo ist unklar.

Zwei der Föten wurden von der biologischen Mutter selbst ausgetragen, jeweils drei Kinder brachten zwei Leihmütter zur Welt. Weil die Leihmütter vermutlich gegenüber den Behörden die Kinder als ihre eigenen Drillinge ausgaben, flog der Fall bisher nicht auf - bis das Foto auftauchte.

Gegen die Familie, die zur Betreuung elf Kindermädchen anheuerte und für die Vertuschung der Wahrheit angeblich umgerechnet 125 000 Euro ausgab, werde ermittelt, teilte die lokalen Gesundheitsbehörden der Provinz Guangdong im Süden des Landes mit. Die Identität werde nicht preisgegeben, um ihre Privatsphäre zu schützen, hieß es. Die Familie ist untergetaucht. In einem 20-minütigen Bericht des chinesischen Staatsfernsehens werden Nachbarn gezeigt, die davon erzählen, wie die Schar von Kindermädchen jeden Tag mit acht Kinderwagen ausschwärmte, um die Babys in die Krippe zu bringen.

Die beliebte Fernsehmoderatorin Bai Yansong kündigte den Bericht leicht angewidert an: "Himmel. Acht Kinder zu haben in einer Ära der Familienplanung und zu einer Zeit, in der die meisten Familien nur ein Kind haben - der Kontrast ist zu groß". Das klinge nicht nach einer Nachricht, sondern nach einem Märchen.

Ein Kommentar in der Tageszeitung "China Daily" bezeichnete Leihmutterschaft als etwas, was reiche Frauen in Anspruch nähmen, um ihre Karrieren nicht unterbrechen zu müssen. Der Autor Cai Hong schrieb, diese Praxis führe automatisch zu einer "Brutklasse" von armen Frauen, die letztlich "ihre Gebärmutter an reiche Leute vermieten". Therese Hesketh vom University College in London widersprach dieser Ansicht. Ihr Forschungsgebiet ist die Familienplanug in China und sie fand heraus, dass reiche Chinesinnen, die sich Leihmütter leisten können, überwiegend attraktive Akademikerinnen mit der Austragung ihrer Föten beauftragen.

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