Hamburger Koch in der Antarktis Ein Gastronom fernab der Zivilisation

Bremerhaven · In der Antarktis hält ein Koch aus Hamburg Wissenschaftler mit seinem Essen bei Laune.

 Der 35-jährige Koch Sven Krüger arbeitet seit vergangenem Jahr in einer Forschungsstation in der Antarktis. Obst ist dort Mangelware.

Der 35-jährige Koch Sven Krüger arbeitet seit vergangenem Jahr in einer Forschungsstation in der Antarktis. Obst ist dort Mangelware.

Foto: dpa/Tim Heitland

(dpa) Bis November ist es noch lange hin. Sven Krüger freut sich dennoch bereits darauf. Dann wird der Koch endlich wieder eine Lieferung mit Salat, Gemüse, Obst und Eiern erhalten. Die letzte kam im Februar, die frischen Lebensmittel sind längst verbraucht. Nur Äpfel und Orangen sind noch da – und natürlich die lange haltbaren und tiefgekühlten Vorräte. Mal eben in den Supermarkt gehen kann der 35-Jährige nicht.

Sven Krüger aus Hamburg ist Koch auf der vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) betriebenen Forschungsstation Neumayer III in der Antarktis. Dort gehört er seit Dezember 2016 zur zwölfköpfigen Überwinterungscrew, bestehend aus Wissenschaftlern, einem Ingenieur, einem Elektrotechniker, einem Informatiker, einem Mediziner und einem Kamerateam. Erst Anfang Februar 2018 geht es zurück nach Hause. Dann wird Krüger bereits den nächsten Saison-Koch eingearbeitet haben.

14 Monate im ewigen Eis, fernab der Zivilisation – diese Erfahrung hat Sven Krüger gereizt. Fast sieben Jahre hat er in seiner Heimatstadt Hamburg als Ausbilder in der Küche eines Verlagshauses gearbeitet. „Dann musste was Neues her.“ Durch eine Reportage erfuhr er von der Jobmöglichkeit in der Antarktis. „Ich hatte nie vor, ins Ausland zu gehen.“ Schließlich habe er zusammen mit seiner Ex-Partnerin eine elfjährige Tochter. „Aber bei der Stellenausschreibung bin ich neugierig geworden“, erzählt Krüger. Und glücklicherweise gebe es ja Videotelefonie.

In einer viermonatigen Vorbereitungsphase in Bremerhaven lernte sich das neue Überwinterungsteam kennen. In dieser Zeit schickte Krüger auch die Bestellung von 1500 Einzelartikeln los. Anfang Januar 2017 kam das Essen mit dem Forschungseisbrecher „Polarstern“ in der Antarktis an. Weitere vier Lieferungen folgten mit dem Flieger. Eine Jahresbestellung besteht aus 60 Tonnen Lebensmitteln, darunter 1500 Litern Milch, 900 Kilogramm Kartoffeln und 5000 Eiern.

Natürlich konnte Krüger bei der Vorbereitung auf die Erfahrung seiner Vorgänger zurückgreifen. Aber er berücksichtigte auch die Vorlieben seiner Kollegen. „Zum Glück sind keine Veganer oder Vegetarier dabei“, sagt der 35-Jährige. „Ich koche sehr gerne mit Fleisch.“ Auf dem Speiseplan stehen nun Klassiker wie Spaghetti Bolognese oder Schnitzel. Besonders beliebt seien auch Currys. Er achte darauf, „dass sich die Leute ausgewogen ernähren.“

Im antarktischen Sommer müssen bis zu 60 Bewohner versorgt werden. Die meisten von ihnen sind inzwischen längst weg, geblieben sind nur die Überwinterer. Im noch anhaltenden antarktischen Winter ist die Neumayer-Station III neun Monate von der Außenwelt abgeschnitten, Lieferungen sind weder per Flugzeug noch mit dem Schiff möglich.

„Müsli und Haferflocken werden langsam knapp“, sagt Krüger. Er habe nicht damit gerechnet, dass so viel davon gegessen wird. Das Vorgängerteam hatte zum Frühstück Brot und Brötchen bevorzugt. „Aber schlimmer wäre, wenn die Süßigkeiten ausgingen.“ Schokolade esse das Team gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit sehr gerne.

„Grundsätzlich habe ich als Koch ein anderes Verhältnis zu Lebensmitteln“, sagt Krüger. „Aber hier wird das noch extremer.“ Das gehe so weit, dass er die verbliebenen Äpfel regelmäßig drehe: „Damit sie keine Druckstellen bekommen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort