Ein ganzer Ort Opfer der Flammen

Sacramento · Die Pickup-Trucks sind kümmerliche Schrotthaufen, von den Holzhäusern stehen nur noch die Schornsteine. Wie eine Feuerwalze rasen die Waldbrände über Kalifornien. Der Ort Middletown hat keine Chance.

Das Feuer kam unglaublich schnell in das kleine Middletown im Norden Kaliforniens. "Du denkst, Du bist auf sowas vorbereitet, aber das bist Du nicht", berichtet die Anwohnerin Kimberly dem Sender ABC 7 News. Die blonde Frau steht an der Stelle, wo noch wenige Stunden zuvor ihr Haus war. Jetzt sieht man hinter ihr nur noch eine qualmende, graue Schutthalde.

Duane Harper, der Betreiber des örtlichen Lebensmittelladens, hatte bis zuletzt in seinem Haus ganz in der Nähe der 1200-Einwohner-Gemeinde ausgeharrt. Kurz bevor das große Feuer Middletown erreichte, gingen Funkenstürme auf die Ortschaft nieder. Dann begann das "unfassbare Chaos", wie Harper einem Korrespondenten der Zeitung "San Francisco Chronicle" berichtet.

Eine gewaltige Feuerwalze rollte über Middletown hinweg und verbrannte alles auf ihrem Weg. Harper war noch rechtzeitig mit seiner Familie ins Auto gesprungen und geflohen. Beim Blick in den Rückspiegel sah er, wie ein "apokalyptischer Feuersturm" Middletown vernichtete. "Wir hatten nur noch ein paar Minuten, um rauszukommen." Die Flammen seien 30 Meter hoch gewesen. Alle Bürger überlebten das Inferno, der Ort war rechtzeitig evakuiert worden.

Als die Einwohner von Middletown am nächsten Morgen zurückkehren, finden sie ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Mit dem Sonnenaufgang wagen sie sich am Sonntag zurück in ihren Heimatort, der etwa 120 Kilometer nördlich von San Francisco liegt. Manche kommen zu Fuß, andere mit dem Fahrrad.

In dem Ort sind mehr als 100 Häuser niedergebrannt. Wo sie einst standen, ragen aus den Trümmern nur noch glimmende Pfähle empor, berichten Augenzeugen. Von den Autos sind ausgebrannte Karosserien übrig geblieben. Unerschrockenen Feuerwehrleuten ist es gelungen, wenigstens einige Häuser zu retten.

"Das wird für einige Leute noch sehr schwer werden", sagt David Hamilton, der mit seinem Fahrrad am Straßenrand anhält. Hamilton hatte in sicherer Entfernung fast die ganze Nacht über das Feuer beobachtet. Am heftigsten seien die Detonationen der explodierenden Propangas-Flaschen gewesen. "Das war, als wenn Bomben hochgehen. Drei explodierten zur selben Zeit", berichtet er der "Los Angeles Times".

Überrascht vom Ausmaß der Brände ruft der Gouverneur von Kalifornien, Jerry Brown, am Sonntag den Notstand für den betroffenen Bezirk Lake County und eine weitere Gemeinde in der Gegend aus. In der Region nördlich von San Francisco wurden am Wochenende nach Behördenangaben mehr als 1000 Häuser zerstört, 17 000 Menschen wurden evakuiert. Lokalen Medien zufolge soll es einen Toten geben, Einzelheiten lagen noch nicht vor.

Die seit langem andauernde Trockenheit in der Region sorgt für eine permanente Feuergefahr. Ein kleiner Brandherd genügt, wie am Wochenende in der Nähe von Middletown, um innerhalb von Stunden eine Fläche von 100 Quadratkilometern in Brand zu setzen. Anderswo im Norden Kaliforniens brennt es dagegen schon seit sechs Wochen.

Während sich das Feuer im Lake County weiter Richtung Süden frisst, kann der Wettermann von ABC 7 News wenigstens ein wenig Hoffnung verbreiten. "Wir rechnen mit dem ersten leichten Regen", verkündet er mit einem Strahlen im Gesicht. Allerdings erst für Mittwochnachmittag.

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