Ein Engel vor Gericht

Darmstadt. Am Tag vor Ostern schlagen die Ermittler zu. Kurz vor einem Auftritt im Frankfurter Club "Nachtleben" wird die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa am 11. April 2009 festgenommen. Sie kommt zehn Tage in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Die 28-Jährige soll einen Mann bei ungeschütztem Sex mit dem Aids-Virus HIV infiziert haben, obwohl sie von ihrer Ansteckung wusste

 Nachdenklicher Blick: Sängerin Nadja Benaissa muss sich wegen Körperverletzung vor Gericht verantworten. Foto: dpa

Nachdenklicher Blick: Sängerin Nadja Benaissa muss sich wegen Körperverletzung vor Gericht verantworten. Foto: dpa

Darmstadt. Am Tag vor Ostern schlagen die Ermittler zu. Kurz vor einem Auftritt im Frankfurter Club "Nachtleben" wird die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa am 11. April 2009 festgenommen. Sie kommt zehn Tage in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Die 28-Jährige soll einen Mann bei ungeschütztem Sex mit dem Aids-Virus HIV infiziert haben, obwohl sie von ihrer Ansteckung wusste. Ab Montag steht Benaissa in Darmstadt vor Gericht. Die No Angels waren vor zehn Jahren berühmt geworden. Die Gruppe gilt als erfolgreichste deutsche Mädchenband.Die Anklage lautet auf gefährliche Körperverletzung. Dem Popstar drohen zwischen sechs Monate und zehn Jahre Haft. Fünf Verhandlungstage sind angesetzt. Unter den rund 20 Zeugen sind auch drei andere Band-Mitglieder. Außerdem soll ein Sachverständiger gehört werden. Der Mann, den Benaissa angesteckt haben soll, tritt als Nebenkläger auf.Zwischen 2000 und 2004 soll die Sängerin in insgesamt fünf Fällen mit drei Partnern ungeschützten Sex gehabt und diesen ihre HIV-Infektion verschwiegen haben. Sie selbst soll schon seit 1999 davon gewusst haben. Da die Angeklagte beim ältesten Tatvorwurf noch 17 Jahre alt war, muss sie sich vor einem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts verantworten. "Wir erwarten ein großes Interesse", sagt der Sprecher des Amtsgerichts, Albrecht Simon. Deshalb wird im Saal 3 des Landgerichts verhandelt, wo rund 50 Zuschauer Platz finden: "Das ist der größte Saal der Justiz in Darmstadt."Es sind auch besondere Sicherheitsvorkehrungen geplant. So soll es zwei Einlasskontrollen geben - einmal am Haupteingang des Gerichts und dann noch einmal vor dem Verhandlungssaal. Dabei suchen die Beamten nicht nur nach Waffen, sondern auch nach Handys. Damit soll verhindert werden, dass Fans Fotos machen oder filmen.Vor Beginn des Prozesses gibt sich Verteidiger Oliver Wallasch zugeknöpft. "Wir sagen nichts", lautet sein kurzer Kommentar. "Vielleicht sagen wir etwas am ersten Prozesstag." Ähnlich auch die Reaktion des No-Angels-Managers Khalid Schröder. Meldungen, dass Benaissa nicht mehr Mitglied der Gruppe ist, will er nicht kommentieren. "Nach dem Prozess werden wir sicherlich eine Stellungnahme abgeben."Nachdem die Vorwürfe in der Welt waren, sprach Benaissa des öfteren über ihre HIV-Infektion, etwa bei einer Gala der Deutschen Aids-Stiftung in Berlin. Am Weltaidstag am 1. Dezember 2009 sagte sie in einem Interview des hr-Jugendradios YOU FM: "Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, dass ich negativ wäre." Auch hier sprach sie über ihre Gefühle. "Ich bin HIV-positiv, aber ich habe kein Aids", sagte sie. "Ich hoffe, dass nichts Schlimmes passiert, und ich schaue mit Hoffnung nach vorne. Ich glaube daran, dass ich alt werde." Im Mai wurde bekannt, dass Benaissa ihre Teilnahme an der Club-Tournee der No Angels aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. Die Gruppe war im Jahr 2000 bei der TV-Show "Popstars" gecastet worden. Die Alben der No Angels verkauften sich allein zwischen 2000 und 2003 etwa fünf Millionen Mal. Die No-Angels-Sängerinnen Sandy Mölling, Jessica Wahls und Lucy Diakovska werden nicht schon zum Prozessauftakt erwartet, sondern zum letzten Verhandlungstag am 26. August.

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