Ein Dorf im Schockzustand

Lübbenow. Ein kleines, graues Haus am Dorfrand. Die Asphaltstraße endet hier, ein staubiger Sandweg führt in die Felder. In diesem Gebäude in dem kleinen Ort Lübbenow (Brandenburg) soll ein 13-jähriges, geistig und körperlich behindertes Mädchen neun Jahre lang von seinen Eltern versteckt worden sein.Dorfbewohner Erich Dörk ist schockiert

Lübbenow. Ein kleines, graues Haus am Dorfrand. Die Asphaltstraße endet hier, ein staubiger Sandweg führt in die Felder. In diesem Gebäude in dem kleinen Ort Lübbenow (Brandenburg) soll ein 13-jähriges, geistig und körperlich behindertes Mädchen neun Jahre lang von seinen Eltern versteckt worden sein.

Dorfbewohner Erich Dörk ist schockiert. "Gewusst haben wir alle, dass die Familie dort wohnt - aber dass sie ein drittes Kind haben und es nicht zur Schule schicken, das wusste keiner", sagt der Landwirt aus dem 350-Seelen-Ort rund 120 Kilometer nördlich von Berlin. Manche Nachbarn räumen dagegen ein, von dem Kind gewusst zu haben. Einem von ihnen wurde es vor zwei Wochen offenbar zu viel: Er gab einen anonymen Hinweis, das Jugendamt schritt ein und holte das Mädchen aus dem Haus.

Warum erst jetzt?, fragen sich die Menschen in dem Ort. Die Bürgermeisterin von Uckerland, Christine Wernicke, sagt, der Gemeindeverwaltung sei schon vor vier Jahren aufgefallen, dass ein Mädchen aus der Familie nicht eingeschult wurde. Das Jugendamt in Prenzlau sei informiert worden. Doch erst jetzt nach dem Hinweis handelte das Jugendamt. Mit Polizeiunterstützung zwang die Behörde die Eltern, das Haus zu öffnen. Das behinderte Mädchen wurde in ein Krankenhaus gebracht. "Das hätten die Behörden schon viel früher merken müssen", schimpft ein aufgebrachter Nachbar. Die Familie war im Jahr 2000 von Berlin in die Uckermark gezogen und soll sehr isoliert von den Dorfbewohnern gelebt haben. "Es wurden fünf Leute gemeldet, wie die Personen zueinander stehen, wissen wir nicht", sagt Bürgermeisterin Wernicke. Das Mädchen habe - anders als seine Geschwister - einen vernachlässigten Eindruck gemacht und hatte nach ersten Erkenntnissen auch kein eigenes Zimmer. Das Wohnhaus der Familie ist zudem stark sanierungsbedürftig. Der Rasen aber wurde regelmäßig gemäht, erzählen Nachbarn. Das Grundstück ist teilweise mit Sichtschutzzäunen abgesperrt.

"Die Frau ist in Ordnung, sie hat die anderen beiden Kinder täglich zur Schule gefahren", meint Landwirt Dörk. Ihr Mann hingegen soll vor allem durch Trunksucht aufgefallen sein und kürzlich den Führerschein verloren haben. Gegen die Eltern wird nun wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen ermittelt. Wenn sich die Hinweise verdichten sollten, will die Staatsanwaltschaft auch gegen das Jugendamt ermitteln. Landrat Klemens Schmitz sprach von einem schweren Fehlverhalten innerhalb des Jugendamtes. Die Situation sei dem Amt seit April 2006 bekanntgewesen.

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