Ein Biss mit schweren Folgen

Berlin. Die Krankheit Borreliose wird nach Ansicht des Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), "unterschätzt und verharmlost". Das sagte er gestern in Berlin bei einer Protestveranstaltung der Betroffenenorganisation "Borreliose Bund Deutschland"

Berlin. Die Krankheit Borreliose wird nach Ansicht des Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), "unterschätzt und verharmlost". Das sagte er gestern in Berlin bei einer Protestveranstaltung der Betroffenenorganisation "Borreliose Bund Deutschland". Die Regierung will das Bewusstsein für die teilweise gravierenden Folgen von Zeckenbissen schärfen und fordert einen Runden Tisch von Ärzten, Wissenschaft, Patienten und Kassen, um das Vorgehen endlich zu koordinieren. Außerdem will Zöller die Einführung einer bundesweiten Meldepflicht anregen, die bisher nur in den neuen Ländern gilt. Er stimmte Schätzungen zu, dass 800 000 bis eine Million Menschen in Deutschland an chronischer Borreliose leiden. Nicht selten endet die Infektion mit lebenslangen Schmerzen, Arbeitsunfähigkeit und der Zerstörung sozialer Beziehungen.Was ist Borreliose?Eine durch Zeckenbiss übertragene Infektion mit dem Bakterium borrelia burgdorferi, das dem Syphiliserreger ähnelt. Grippale Erkrankungen zu Beginn, dann Gelenkentzündungen, Konzentrations- und Koordinationsstörungen sowie Muskelschmerzen sind die häufigsten Folgen. Die Durchseuchungsrate der Zecken (Foto: ddp) mit dem Erreger liegt bei zehn Prozent in Norddeutschland und bis zu 30 Prozent im Süden. Bei etwa jedem vierten Biss einer mit Borreliose infizierten Zecke wird die Erkrankung übertragen.Wie erkennt man eine Erkrankung? Nur bei etwa der Hälfte der Infektionen tritt nach einem Zeckenbiss eine oft großflächige Rötung rund um die Einstichstelle (Wanderröte) auf. Sie gilt als sicheres Zeichen einer Erkrankung. Ansonsten ist der Befall zunächst gar nicht sicher erkennbar. Antikörper bilden sich erst vier bis sechs Wochen nach einer Infektion. Was tun nach einem Zeckenbiss? Bei der Behandlung der Borreliose ist Zeit der entscheidende Faktor. Die Zecke möglichst schnell mit einer Zange entfernen, denn die Übertragung der Krankheit erfolgt meist erst acht Stunden nach dem Festsaugen. Das Tier dabei keinesfalls mit Öl oder Klebemitteln beträufeln. Die Zecke nicht wegwerfen oder vernichten, sondern zur Untersuchung auf Borreliose-Befall beim Arzt abgeben. Wenn die Zecke infiziert war, raten Ärzte zur sofortigen Therapie mit Antibiotika, die mit 90-prozentiger Sicherheit hilft. Gleiches gilt, wenn eine Wanderröte nach einem Zeckenbiss aufgetreten ist. Etwa vier Wochen nach einer Infektion streut die Krankheit in den ganzen Körper und ist dann schwer zu diagnostizieren und behandeln. Oft werden die Symptome auch mit anderen Erkrankungen, etwa Rheuma, verwechselt. Eventuell ist eine monatelange Antibiotika-Therapie nötig. Es gibt bisher jedoch keine ausgeprägte Therapieforschung zur chronischen Borreliose; die Ärzteschaft vertritt wie die Kassen unterschiedliche Meinungen und Ansätze, bis hin zur Verneinung der Krankheit.

HintergrundFür Borreliose gibt es anders als für die ebenfalls von Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) keine statistischen Zahlen zur Verbreitung im Saarland. Gesundheits-Staatssekretär Sebastian Pini befürwortet deshalb die Einführung einer Meldepflicht. Zudem prüfe das Saarland eine Zusammenarbeit mit Rheinland-Pfalz, um nähere Erkenntnisse über Zecken und die von ihnen übertragenen Krankheiten zu erlangen. Mit FSME haben sich zwischen 2001 und 2009 neun Saarländer angesteckt. red

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