Ein Aussteiger mit vielen Freunden

Bockenem. Eigentlich hatte Günther Hamker die einsame Waldarbeiterhütte unter den Bodensteiner Klippen auserkoren, um sich zu Tode zu trinken. Nach gescheitertem Medizinexamen plante der Sohn aus gutbürgerlichem Hause den Selbstmord auf Raten. Doch dann fand ihn ein Jäger halbtot, brachte ihn ins Krankenhaus, und nach der Entgiftung entschied sich Hamker zu leben

 Aussteiger Günther Hamker in seiner Waldhütte. Foto: dpa

Aussteiger Günther Hamker in seiner Waldhütte. Foto: dpa

Bockenem. Eigentlich hatte Günther Hamker die einsame Waldarbeiterhütte unter den Bodensteiner Klippen auserkoren, um sich zu Tode zu trinken. Nach gescheitertem Medizinexamen plante der Sohn aus gutbürgerlichem Hause den Selbstmord auf Raten. Doch dann fand ihn ein Jäger halbtot, brachte ihn ins Krankenhaus, und nach der Entgiftung entschied sich Hamker zu leben. Den Neuanfang wagte er ausgerechnet in besagter Holzhütte im Wald bei Bockenem im niedersächsischen Landkreis Hildesheim. 45 Jahre ist das nun her, und noch immer lebt der 67-Jährige als Aussteiger im Wald. Das Wasser stammt aus einem selbstangelegten Brunnen, Strom erzeugt er mit Windkraft und Solarenergie. Für seine Öfen hackt er vier bis fünf Wochen lang im Sommer Holz. "Ich mag's gern mollig warm", sagt Hamker. Der grauhaarige Mann mit dem wettergegerbten Gesicht wirkt glücklich - die Hütte hat er ausgestattet mit Möbeln aus Haushaltsauflösungen und vom Trödelmarkt. Als Einsiedler sieht sich Hamker nicht. "Ich habe mehr Freunde als zu meiner Studentenzeit in Göttingen" Ein Eigenbrötler sei er aber schon, gibt der Tüftler zu. Auch seine Waschmaschine ist Marke Eigenbau. Weil die produzierte Strommenge nicht ausreicht, leitet er warmes Wasser aus seiner Heizung in die Maschine ein. Bis vor fünf Jahren lebte der Aussteiger von der Bewirtschaftung des 80 Hektar großen Waldes auf dem Hainberg, den er wie die Hütte als 13-Jähriger von seinem Großvater geerbt hat.

Einmal in der Woche setzt Hamker sich mit Hund Wido in seinen alten Kombi und fährt zum Einkaufen ins nächste Dorf. Bei Schnee ist er oft von der Außenwelt abgeschnitten. Sogar Unwetter schrecken ihn nicht. Sieben große Stürme habe er schon erlebt. "Dann weiß ich, was zu tun ist: Licht aus, Ofen aus und von den Oberlichtern fernhalten." Als "Kyrill" wütete, lag er mit Wido auf dem Bett, als plötzlich ein Baum aufs Dach krachte. "Wir haben keine Schramme abbekommen."

"Günther Hamker kam mir immer vor wie ein kraftstrotzender Löwe, der nicht brüllt", sagt der Filmemacher Michael Schulz, der den Aussteiger 2003 für die NDR-Dokumentation "Der Einsiedler" ein Jahr lang mit der Kamera begleitete. Aus Krisen finde Hamker immer einen Weg, der fernab vom Üblichen sei.

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