Die Sache mit Schalke 05
Engelskirchen · 40 Jahre ist es her – aber der Versprecher „Schalke 05“ von Carmen Thomas bleibt unvergessen. Die Reaktionen von damals werfen auch ein Schlaglicht auf die Männerwelt der 70er Jahre.
"FC Schalke 05 gegen - jetzt hab ich's vergessen - Standard Lüttich." Es war ein kleiner Versprecher mit großer Wirkung, als Carmen Thomas am 21. Juli 1973 im "Aktuellen Sportstudio" aus Schalke 04 "Schalke 05" machte. Doch es ging um mehr als bloß eine Zahl. Boulevardreporter befeuerten in einem angeblichen Aufschrei das, was der Männerwelt der 70er Jahre ohnehin gut ins Bild passte: Ausgerechnet der ersten weiblichen Moderatorin der ZDF-Sportsendung war dieses Missgeschick passiert.
WDR-Fernsehdirektor Werner Höfer hatte sie noch gewarnt. "Sie wollen sich als Politik-Redakteurin mit einer Sport-Sendung Ihren Namen verderben?!!?", erinnert sich Thomas. Denn damals sahen Intellektuelle den Sport an sich und den Fußball im Besonderen eher unter ihrem Niveau. Carmen Thomas aber gefiel eine so innovative Sendung: Eineinhalb Stunden live zur besten Sendezeit mit Publikum. Zudem bestand damit die Aussicht, von wichtigen Menschen der Branche wahrgenommen zu werden. "Das Sportstudio war ein wunderbares Sprungbrett." Das wurde es auch für sie.
Später wurde häufiger behauptet, "Schalke 05" habe Carmen Thomas den Job gekostet. Stimmt nicht: Eineinhalb Jahre stand sie noch im Sportstudio vor der Kamera. Dann klagte sie einen festen Job beim WDR ein und verließ das ZDF. In "Hallo Ü-Wagen" zeigte sie 20 Jahre lang ihr journalistisches Können.
Heute sieht die Moderatorin in ihrem Versprecher den Motor für ihre spätere Karriere. An sich war es ja ein einfach zu rekonstruierender Abbieger. Es war ein Tag der Fünfen: ihre fünfte Sendung und fünf Vereine in der Intertotorunde. "Mich selbst hat das stets amüsiert: Ein simpler Versprecher, der von 1973 bis heute für eine offenbar unauslöschliche Berühmtheit sorgt", sagt Thomas. Er habe sogar viele Vorteile gehabt: "Durch den Versprecher wurde ich viel interviewt, schaute dabei in den Spiegel. Fand das nicht gut genug. Begann systematisch zu lernen und zu lehren und startete schon 1975 damit, Coach und Autorin zu werden." Wobei sie auch zugibt: "Es hat mich damals natürlich zutiefst getroffen, weil, wenn Sie bis zum benutzten Klopapier jede Form von Reaktion bekommen, dann brauchen sie schon harte Nerven." Die damalige Angriffe der "Bild" hätten aber auch dem SPD-nahen ZDF-Sportchef Hanns Joachim Friedrichs gegolten, ist sich Thomas sicher. Mit der ersten Frau habe man den "Sack gehauen, weil der Esel gemeint war".