Die Odyssee der Pferde-Lasagne

Paris. Der Appetit auf Lasagne ist den Franzosen vergangen, seit sie wissen, dass sie wohl nicht wie angenommen Rindfleisch enthält - sondern Pferd. Der Skandal um Pferdefleisch in Fertiggerichten, der in Großbritannien seinen Anfang nahm, hat auch Frankreich erreicht

Paris. Der Appetit auf Lasagne ist den Franzosen vergangen, seit sie wissen, dass sie wohl nicht wie angenommen Rindfleisch enthält - sondern Pferd. Der Skandal um Pferdefleisch in Fertiggerichten, der in Großbritannien seinen Anfang nahm, hat auch Frankreich erreicht. Dort hatten am Wochenende sechs große Handelsketten Hackfleisch-Produkte der Marke Findus und des Herstellers Comigel aus dem Verkauf gezogen. Die zuständigen Minister für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Lebensmittel beraumten daraufhin gestern ein Krisentreffen mit Vertretern der Fleisch-Industrie ein. Es sollte um mögliche Mängel bei Kontrollen und eine bessere Rückverfolgbarkeit der Produkte gehen.

Tatsächlich hat das betroffene Fleisch eine wahre Odyssee von der Schlachtung bis in die Regale der Supermärkte zurückgelegt: Ein rumänischer Betrieb, der Rinder und Pferde schlachtet, hat es über niederländische und zypriotische Zwischenhändler an den französischen Importeur Spanghero verkauft. Dieser beliefert das Tiefkühlkostunternehmen Comigel, das Fertigprodukte für 16 Länder herstellt und das Fleisch in einer Fabrik in Luxemburg verarbeiten ließ. Zu seinen Kunden gehört der Konzern Findus mit Sitz in Großbritannien, der wiederum die meisten französischen Supermärkte beliefert. Irgendwo auf diesem Weg wurde das Pferdefleisch als Rind deklariert.

Erste Ergebnisse von Untersuchungen, die den Verlauf rekonstruieren sollen, werden morgen erwartet. Die betroffenen Unternehmen weisen jede Schuld von sich und fühlen sich selbst als Betrugsopfer. Während Findus und auch sein schwedischer Ableger gegen seine Lieferanten klagen will, hat Spanghero angekündigt, Klage gegen den rumänischen Schlachter einzureichen.

Gestern kontrollierte die französische Anti-Betrugsbehörde die Firmensitze von Comigel in Metz und Spanghero in Südwestfrankreich. Rumäniens Premierminister Victor Ponta hat Regelverletzungen in seinem Land zurückgewiesen. Der französische Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll beklagte ein nebulöses System, in dem man sich nicht mehr zurechtfinde: "Die Zahl der Zwischenhändler ist so groß, dass die Rückverfolgbarkeit kaum mehr gewährleistet ist." Kritik an den staatlichen Kontrollsystemen wies er zurück. "Eine 100-prozentige Kontrolle gibt es nicht und der Staat kann nicht hinter jedem Hacksteak her sein", erklärte auch Déborah Infante von der Gewerkschaft der Veterinäramts-Kontrolleure. Die Kontrollen seien sehr verlässlich bei frisch geschlachtetem Fleisch, aber weniger in verarbeiteter Form. Auch der französische EU-Kommissar Michel Barnier, zuständig für den Binnenmarkt, sagte, man dürfe nicht von einem Gesundheitsskandal sprechen, da es um Profitgier auf dem Rücken der Verbraucher gehe - also um Täuschung, nicht aber eine Gefahr für die Gesundheit. Pferdefleisch sei rund 30 Prozent billiger als Rind.

Deutschland ist von dem Betrug offenbar noch nicht betroffen. Der Sprecher des Bundesverbraucherschutzministeriums, Holger Eichele, versicherte, es lägen "weder Erkenntnisse der deutschen Länderbehörden noch Hinweise aus anderen EU-Mitgliedstaaten" vor, dass als Rindfleisch ausgewiesene Tiefkühlprodukte mit Pferdefleisch auch auf den deutschen Markt gekommen seien. Nur die Supermarktkett Kaiser's Tengelmann nahm Tiefkühl-Lasagne aus dem Verkauf - allerdings vorsorglich. Es liege bis jetzt kein Nachweis vor, dass Pferdefleisch verarbeitet worden sein könnte, sagte eine Sprecherin.

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