Adé Pausenbrot... Statt Brotdose nun bunte Bento-Boxen

Berlin · Die japanische Tradition, Essen für unterwegs hübsch zu verpacken, hat auch hierzulande immer mehr Fans. Aber es gibt auch Kritik an dem Trend.

 Wer kriegt da keinen Appetit? Auch in Deutschland kommen Eltern auf den Geschmack der japanischen Tradition Bento. Dabei wird Essen möglichst abwechslungreich, ansehnlich und aufwendig eingeboxt.

Wer kriegt da keinen Appetit? Auch in Deutschland kommen Eltern auf den Geschmack der japanischen Tradition Bento. Dabei wird Essen möglichst abwechslungreich, ansehnlich und aufwendig eingeboxt.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Geschnitztes Obst und Gemüse, Würstchen mit lustigen Augen, Brote und Käse in Sternchenform und herzförmige Eier, hübsch verpackt in bunten Boxen mit vielen kleinen Unterfächern. Die gute alte Stulle in der Brotdose hat ausgedient, zumindest bei den Fans von so genannten Bento-Boxen.

Bento, das steht für viele kleine Speisen in einer Box. Der Trend kommt aus Japan. Dort ist es üblich, Essen für unterwegs so zu verpacken. Japanische Mütter lernen sogar in Kursen, wie sie Fisch, Reis, Gemüse & Co. für ihre Kinder möglichst geschmackvoll anrichten. „In Japan ist Bento Alltag. In jedem noch so kleinen Bahnhof kann man auch fertige Boxen kaufen“, sagt Katrin Tiede. Die Inhaberin eines japanischen Lebensmittel- und Feinkostladens in Berlin bietet neben Boxen auch Bento-Kochkurse an. „Zu mir kommen Angestellte, Arbeiter und Handwerker, die einfach einmal etwas anderes wollen als das typische Pausenbrot“, sagt sie.

Nicole Zahran gestaltet jeden Morgen für ihre beiden Kinder liebevolle Mahlzeiten. „Die Art, wie wir unsere Kinder ernähren hat einen neuen Punkt erreicht – Essen soll nicht nur gesund sein, sondern möglichst auch ästhetisch angerichtet sein und alle Sinne ansprechen“, sagt die 37-jährige Berlinerin. Die dreifache Mutter Sabine Elvert aus Stahnsdorf in Brandenburg gründete 2016 eine Facebook-Gruppe für Boxenfreunde, um Ideen und Anregungen zu bündeln. Inzwischen hat die Gruppe fast 20 000 Mitglieder. „Der Bento-Trend schwappt immer mehr zu uns herüber“, so Elvert. „Wenn eine Box dazu dient, dem Kind sehr viel Vielfalt anzubieten, dann ist das sehr begrüßenswert“, sagt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. „Es sollten aber nur Dinge in der Box sein, die das Kind auch wirklich mag“, betont er.

Die Fernsehköchin Sarah Wiener warnt vor der Verniedlichung der Lebensmittel. „Ein lustiges Gesicht, eine tolle Schnitzerei, Fantasienamen setzen falsche Anreize“, sagt sie. „Die Kinder sollen Brote, Obst und Gemüse doch essen wollen, weil sie ihnen schmecken und sie ihren Körper nähren wollen – nicht, weil sie da ein Wurstpanda anschaut, der die Bedeutung unserer Lebensmittel karikiert“, betont Wiener. Nicole Zahran nimmt sich morgens etwa 40 Minuten Zeit für die Boxen. Der Aufwand lohne sich: „Die Kinder haben bislang viel Freude daran und ihre Klassenkameraden auch. Am Ende des Tages ist eines besonders wichtig: Die Box ist leer und der Bauch voll“, so Zahran.

Längst nicht in jeder Familie gehören frisch zubereitete Mahlzeiten zum Alltag. Sarah Wieners Stiftung bildet deshalb mit der Barmer Krankenkasse Pädagogen zu Genussbotschaftern aus. Sie sollen Kindern in Kitas und Schulen näher bringen, wie man kocht. Denn in vielen Familien gehe dieses Wissen verloren. „Herd und Ofen bleiben kalt – und Kinder ahnungslos“, so Wieners Erfahrung. „Viele Eltern haben gar keine Zeit, jeden Tag außergewöhnliche Boxen zu gestalten, aber es hilft schon, Anregungen zumindest teilweise umzusetzen“, sagt Sabine Elvert. Vor allem Mütter, deren Kinder ihr Brotdose kaum anrühren, seien dankbar über die Ideen aus der Facebook-Gruppe. „Alles, was schön und liebevoll gestaltet ist, kommt gut an“, so ihre Erfahrung. Unter den Mitgliedern seien einige sehr professionelle wie etwa Sabrina Wegele aus Waiblingen, von der sich viele andere inspirieren ließen. Sie wurde für ihre Boxen bereits ausgezeichnet und zeigt sie auch auf Instagram und ihrem Blog „Kochen, Backen, Bento packen“.

Weniger aufwendige Rezepte ohne Fotos zeigt die Buchreihe „Pausenbrot reloaded“. Das Pausenbrot werde oft stiefmütterlich behandelt und in seiner Bedeutung völlig unterschätzt, sagt Mitautorin Inès Keerl. In den saisonal gegliederten Büchern geht es vor allem um Machbarkeit und Einfachheit und das Brot steht weiterhin im Mittelpunkt. Die Menüs kommen ohne Dekoration aus und trotzdem bei Kindern an, so Keerl.

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