Die droh(n)ende Gefahr

San Francisco · Militärische Drohnen bekommen viel Aufmerksamkeit. Doch was wäre, wenn jeder so einen kleinen Flieger hätte und Tausende Drohnen auf Flugzeughöhe durch den Luftraum schwirrten? Dieses riskante Szenario rückt näher.

Die Sicht war klar, er hatte sein Flugzeug gerade zum Landeanflug auf den Tallahassee Regional Airport in Florida angesetzt, als der Pilot der US Airways plötzlich ein kleines Flugobjekt sah: Eine Drohne schwirrte durch die Flugbahn seiner Passagiermaschine. "Sie ist so dicht an seinem Flugzeug vorbeigeflogen, dass er sicher war, mit ihr kollidiert zu sein", wird der Drohnen-Experte Jim Williams zwei Monate später auf einer Tagung in San Francisco über den Vorfall vom März sagen. Williams ist Leiter des Büros für unbemannte Flugzeuge bei der US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA).

Die Beinahe-Katastrophe in Florida zeigt die gewaltigen Herausforderungen, vor denen die Luftfahrt in Nordamerika angesichts der rapide voranschreitenden Drohnen-Kommerzialisierung bald stehen könnte. Egal, ob Farmer, Fabrikanten oder Filmproduzenten - die ferngesteuerten Flugzeuge werden in den USA immer öfter eingesetzt. Nicht zuletzt dank leichterer Bauteile, verbesserter Kameras und optimierter Bordelektronik.

Besonders beliebt sind flache Modelle mit mehreren Rotoren, die dicht über dem Boden fliegen. Einer der führenden Hersteller im zivilen Drohnengeschäft ist die französische Firma Parrot. Ihre neuesten Modelle haben eine Reichweite von zwei Kilometern und eine Flugzeit von bis zu zwölf Minuten. Sie können also weit in den Luftraum eindringen.

Die größte Gefahr birgt allerdings die kommerzielle Nutzung von Drohnen. Obwohl Firmen in den USA eigentlich eine Lizenz brauchen, um die Flieger zu betreiben, trotzen viele den unzureichenden Kontrollen. Manchen ist es auch schlichtweg egal, ob sie eine Mahnung erhalten. So auch Mike Fortin, dessen Firma mit Drohnen Werbefilme dreht. Im "Wall Street Journal" gab er offen zu: "Meine Antwort an die FAA war: Haut ab!" Die Zeitung zitierte einen nationalen Verantwortlichen mit den Worten: "Die Lage hat sich in eine moderne Version des Wilden Westens verwandelt, wo die Leute denken, alles sei erlaubt."

Und das Problem wird sich noch verschärfen. So will allein die Industrie- und Handelsgruppe Association for Unmanned Vehicle Systems International bis 2020 jährlich 160 000 Drohnen absetzen. Amazon plant, mit unbemannten Fluggeräten Pakete auszuliefern. Google und Facebook wollen mit den Fluggeräten Internet in entlegene Gebiete bringen.

Eigentlich wollte die FAA erreichen, dass bis 2015 feste Vorschriften in Kraft treten. Doch der Markt verändert sich so schnell, dass Experten nicht daran glauben, dass das klappt. "Wir versuchen, Sicherheitsbestimmungen für eine sehr dynamische Branche zu entwickeln", sagte der FAA-Sprecher Les Dorr. "Und wir müssen diese Regelungen für unbemannte Flugzeuge schreiben, die den verkehrsreichsten und komplexesten Luftraum der Welt nutzen werden." Es sei eine enorme Herausforderung, einerseits die Bevölkerung zu schützen, gleichzeitig aber keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand für eine aufstrebende Industrie zu schaffen.

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