Die „coole Sau“ der Volksmusik

München · „Mit freundlichen Grüßen“, rockte Heino in diesem Jahr die deutschen Charts und landete erstmals in seiner Karriere ein Nummer-eins-Album. Heute wird der Sänger 75 und ist vom Ruhestand noch weit entfernt.

Volksmusik und Schlager machten ihn zum Star. Der Rap half ihm aus der Flaute. Und der Rock brachte das Comeback: So geschmeidig wie Heino bewegte sich in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland kaum ein Musiker durch die Genres. Am Freitag wird er 75 Jahre alt - und denkt nicht ans Aufhören.

Heinos Comeback ist der beste Beweis dafür, wie wechselhaft das Showgeschäft ist. Nach Jahren der Flaute scheint der als Heinz-Georg Kramm zur Welt gekommene Sänger auf einmal wieder omnipräsent zu sein. Möglich gemacht hat dies sein Rockalbum "Mit freundlichen Grüßen", das ihm in diesem Jahr das erste Nummer-eins-Album seiner fast 50-jährigen Karriere bescherte. Ein Nachfolge-Album soll nächstes Jahr veröffentlicht werden. "Ich wäre ja dumm, wenn ich da nicht weitermachen würde," sagte der Sänger der "Rhein Zeitung". "Ich habe innerhalb von einem Dreivierteljahr mein Publikum um 40 Jahre verjüngt. Das ist sensationell."

Aber vielleicht ist dies gar nicht so sensationell, sondern einfach das Ergebnis eines enormen Gespürs für den Trend der Zeit. Denn schon 1988 war ihm mit Rap-Versionen seiner zwei Volksmusik-Hits "Blau blüht der Enzian" und "Schwarzbraun ist die Haselnuss" ein Erfolg beim jungen Publikum gelungen.

Vom ersten Tag an war die Karriere des blonden Zahnarzt-Sohns aus Düsseldorf darauf gebaut, außer mit der tiefen Stimme auch mit seinem Image die Plattenverkäufe anzuheizen: "Heino, du musst arm und einsam sein, blass aussehen und schön singen", habe ihm sein Entdecker Ralf Bendix mit auf den Weg gegeben, berichtete er. 20 Jahre lang habe er so gehandelt und keine Interviews gegeben, um sich interessant zu machen. Seine Sonnenbrille trägt er weiter, obwohl die zu Karrierebeginn erkrankten blauen Augen längst gesund sind. Der gelernte Bäcker konnte sich so trotz vieler Flop-Phasen immer im Gespräch halten und sang unverdrossen in Fernsehshows alte Hits wie "Karamba, Karacho, ein Whisky".

In den 90er Jahren fand eine Umfrage heraus, dass er fast allen Bundesbürgern bekannt war - allerdings mochte ihn nur etwa die Hälfte der Befragten, die andere Hälfte lehnte ihn ab. Zu seinem schlechten Ruf trug er selbst bei: In den 70er Jahren sang er das Deutschlandlied auf einer Schallplatte inklusive der ersten Strophe, in den 80er Jahren tourte er zur Zeit der Apartheid durch Südafrika. Doch Heino trotzte dieser Kritik - so, wie er auch private Rückschlägen scheinbar ungerührt hinnahm.

Heino ist zwei Mal geschieden, seine erste Frau und ihre gemeinsame Tochter nahmen sich das Leben, der Sohn war Alkoholiker. Halt gab ihm die adelige Sängerin Hannelore, die er 1979 als dritte Frau heiratete. Sie war es auch, die ihrem Mann bei seinem Imagewechsel half. Für dessen Rock-Comeback besorgte sie enge Jeans, spitze Schuhe und eine Lederjacke und befand: "Mein Heino ist eine richtig coole Sau geworden."

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