Die Bruchbude Ihrer Majestät

London · Die Ankündigung, den Buckingham-Palast für hunderte Millionen Euro zu sanieren, schlägt hohe Wellen – ausgerechnet jetzt, da die britische Wirtschaft angesichts des Brexit-Votums vor unsicheren Zeiten steht.

Auf den ersten Blick strahlt der Buckingham-Palast nichts als Prunk aus. Jeden Tag zieht es tausende Touristen vor die Tore der offiziellen Residenz von Königin Elizabeth II - voller Hoffnung, durch die Gitterstäbe hindurch den herrschaftlichen Glanz bewundern zu können. Doch die Familie Windsor bleibt unnahbar. Und auch im Sommer, wenn der Palast der Öffentlichkeit zugänglich ist und eine halbe Million Neugierige aus aller Welt durch die Gemächer trotten, ist das nur ein kurzer und vor allem geschönter Einblick in das royale Leben wie beim Gang durch eine Filmkulisse. Denn bei genauerem Hinsehen sind die Risse in den Mauern der Monarchie tief und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Buckingham-Palast bröckelt und soll nun in der umfassendsten Renovierung seit dem Zweiten Weltkrieg vor dem Verfall bewahrt werden. Mehr als 160 Kilometer Elektrokabel müssen ersetzt werden, genauso wie 2500 Heizungen, 6500 Steckdosen, 330 Sicherungskästen und Wasserrohre in einer Länge von fast 50 Kilometern. Die Dimension der Sanierung des Palasts mit seinen 775 Räumen ist immens und so sind die Kosten. Die belaufen sich auf 369 Millionen Pfund (rund 425 Millionen Euro ).

Doch die Queen selbst muss dafür keineswegs ihr Privatvermögen angreifen. Die Baumaßnahmen sollen aus den jährlichen staatlichen Zuwendungen ans Königshaus bezahlt werden, die Regierung hat den Plänen bereits zugestimmt.

Dass letztlich der Steuerzahler für die Sanierung eines Palasts bezahlt, der ihm nur wenige Tage im Jahr zugänglich ist, sorgt nun für Ärger auf der Insel. Die Ankündigung kommt zur Unzeit. Nachdem sich im Juni die Mehrheit der Briten für einen Austritt aus der EU entschieden haben, steht die Wirtschaft vor ungewissen Zeiten. Morgen stellt Finanzminister Philip Hammond den Haushaltszwischenbericht vor - es könnte ein Tag der Offenbarung werden. Der "Financial Times" zufolge steuere das Königreich in den nächsten fünf Jahren aufgrund von einem schwächeren Wachstum, sinkenden Investitionen und deshalb zurückgehenden Steuereinnahmen auf ein Haushaltsloch von 100 Milliarden Pfund, umgerechnet 116 Milliarden Euro , zu. Premierministerin Theresa May hat deshalb angekündigt, die für Firmen maßgebliche Körperschaftsteuer erheblich senken zu wollen, um die Folgen eines Brexits abzufedern. Auf diese Weise könnte Großbritannien versuchen, Unternehmen aus anderen Ländern anzulocken.

Ausgerechnet jetzt sollen hunderte Millionen in den Palast investiert werden? Die Königin gerät zunehmend unter Druck. So haben mehr als 120 000 Menschen bereits eine Petition unterzeichnet, mit der sie erreichen wollen, dass die Queen, immerhin auch privat eine der reichsten Frauen auf der Insel, ihren Teil besteuert. Doch sowohl von Seiten der konservativen Regierung als auch vom Großteil der oppositionellen Labour-Partei hieß es, das Gebäude sei "nationales Denkmal" und würde dementsprechend behandelt. Trotzdem fügten einige Politiker vorsichtig an, dass sie keineswegs ablehnen würden, sollte die Königin anbieten, einen Teil der Kosten zu übernehmen.

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