Deutschlands neue Einbrecher

Berlin · Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Dafür sollen internationale Banden verantwortlich sein. Die Polizei will deshalb künftig stärker grenzüberschreitend arbeiten.

Der deutschen Polizei ging kürzlich eine Diebesbande ins Netz: Die Männer stammten aus Lettland und hatten in ihrem Auto die Beute aus einem Wohnungseinbruch in Aachen. Die Ermittlungen ergaben, dass sie Tage zuvor bereits in Polen und Belgien auf Beutezug waren. Mit diesem Fall beschreibt Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) einen "neuen Einbrechertyp": Die Täter seien schnell, mobil und gut vernetzt, und sie nutzten die offenen Grenzen und gut ausgebauten Autobahnen, um länderübergreifend auf Einbruchstour zu gehen.

Es gibt zwar Kriminologen, die die Gefahr durch internationale Diebesbanden für überschätzt halten, doch die Zahlen scheinen Jäger recht zu geben: Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik, die gestern in Berlin vorgestellt wurde, gab es im vergangenen Jahr bundesweit 149 500 Wohnungseinbrüche - so viele wie seit 15 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig ist das Entdeckungsrisiko für die Täter gering. Die Aufklärungsquote liegt bei gerade mal 15,5 Prozent.

Um die Einbrecher effektiver zu bekämpfen, soll die Zusammenarbeit der Ermittler verbessert werden - sowohl zwischen den einzelnen Bundesländern als auch jenseits der deutschen Grenzen. Darin sind sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein NRW-Kollege Jäger einig. Wenn die Ermittlungen an regionalen oder nationalen Egoismen scheitern, "dann lachen sich diese Banden ins Fäustchen", warnte de Maizière.

Erst vor Wochen hatten Deutschland und Polen deshalb ein Abkommen unterzeichnet, das eine engere Zusammenarbeit von Polizei und Zoll beider Länder vorsieht. So soll etwa die Verfolgung von Verdächtigen nicht mehr an der Landesgrenze enden. Auch mit den Polizeibehörden in Belgien und den Niederlanden werden seit einiger Zeit immer häufiger gemeinsame Kontrollen und Razzien durchgeführt. Der Kriminologe Thomas Feltes hält dies allerdings für "Symbolpolitik". Zwar gebe es internationale Einbrecherbanden - "aber nicht in dem Umfang, wie die Politik es glauben machen will", sagt der Wissenschaftler der Bochumer Ruhr-Uni. Der typische Einbrecher sei "jung, männlich und drogenabhängig" und schlage oft in seinem sozialen Umfeld zu.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Jagd nach den Tätern aber auch durch fehlendes Personal in den Ermittlungsbehörden erschwert. "Wir haben zu wenige Leute, denen man zu wenig Zeit gibt, nach Einbrüchen eine intensive Tatortarbeit zu machen", sagt der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. Bei der Polizei werde seit Jahren Personal abgebaut. Gleichzeitig würden immer mehr Beamte zu Fußballspielen und "Public Viewing"-Veranstaltungen abkommandiert.

Bislang scheint der von der Gewerkschaft beklagte Personalabbau noch keine negativen Folgen für die Sicherheit zu haben: 2013 gab es zwar mehr Wohnungseinbrüche als 2012, doch die Gesamtzahl der Straftaten verharrt schon seit einigen Jahren knapp unter der Marke von sechs Millionen.

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