Der über seinen eigenen Unsinn kichert

Mülheim an der Ruhr · Er hat den Jazz in Komik übersetzt und sich mit „Katzeklo“ in viele Herzen gealbert. Deutschlands Musikclown wird am Sonntag 60 Jahre alt. Im nächsten Jahr geht Helge Schneider wieder auf Tour.

Besonders viele Lacher kriegt Helge Schneider , wenn er über seinen eigenen Unsinn kichert. Das Publikum liebt ihn dann besonders, wenn er seine oft improvisierten Geschichten vom Absurden ins wahnsinnig Alberne kippen lässt und die eigene Komik komisch findet. Da hilft nur, über sich selbst zu lachen. Oder Musik.

Beides liebt er. Beides hat er seit vielen Jahrzehnten im Geschäft zu einer unnachahmlich verrückten Kunstform kombiniert. Am 30. August wird Helge Schneider 60 Jahre alt - und ist schon Ex-Rentner: Nachdem er sich vor nicht ganz einem Jahr mit einem vorerst letzten Konzert in den Ruhestand verabschiedete, hat er gerade seine neue Tour angekündigt.

Sie haben ihm wohl einfach gefehlt, sein Publikum, die Bühne und sein Beruf, den er selbst ganz nüchtern beschreibt: "Musiker und Komiker. Musikclown vielleicht." Daneben hat er Bücher geschrieben, trashige Parodie-Filme gedreht, in denen er in die Rolle skurriler Typen wie "00-Schneider" oder "Dr. Hasenbein" schlüpfte. Quatschmacher zu sein, empfinde er als Kompliment, sagte er einmal.

Schneider hat sich vor vier Jahren in Andalusien eine Finca gekauft und lebt nun auch meist in Spanien - er genieße es, nicht immer erkannt zu werden, sagte er kürzlich der "Welt". Schneider wohnt mit einigen seiner Kinder in Spanien. Er hat sechs Kinder von vier Frauen, dazu kommen vier Enkel. Anfang der 1980er Jahre kam seine älteste Tochter zur Welt - für Schneider ein tief einschneidendes Ereignis. "Wenn du Kinder hast, musst du auch Geld verdienen", sagte er einmal "Zeit Online". Eine Erkenntnis, die viele schon früher haben, und die doch für Schneider das ganze Leben auf den Kopf stellte. Denn als Jugendlicher und junger Erwachsener war er ein Problemfall. Er nahm regelmäßig Drogen, flog von der Schule, brach eine Lehre als Bauzeichner ab. Über eine Sonderbegabtenprüfung schaffte er zwar den Zugang zum Klavierstudium . Doch auch das brach er ab. Landschaftsgärtner, Dekorateur, Tierpfleger, Polsterer - viele Jobs stehen in seinem Lebenslauf. Auch Straßenfeger war er mal. Stetigkeit brachte ihm die Musik.

In seinen Anfängen als allein unterhaltender Jazzmusiker in den 70er Jahren in der westfälischen Provinz muss der schon als kleiner Junge als Klavier-Talent aufgefallene Schneider dann entwickelt haben, was ihn heute berühmt macht: die Lust am anarchischen Witz, an der Beschreibung abgedrehter Szenen. Auch wenn er als "singende Herrentorte" seit 1977 erste Soloshows gibt und seine erste Gesangs-Platte 1988 "Seine größten Erfolge" tauft, braucht es "Katzeklo" und einen Auftritt bei "Wetten, dass..?", um den damaligen Dauergeheimtipp einem Millionenpublikum bekannt zu machen.

Kult wurden fortan seine schrillen Anzüge und die wirre Perücke, die sich von seiner eigenen Frisur nur unmerklich unterscheidet. Er singt über Bonbons aus Wurst, den Telefonmann und darüber, dass es Reis gibt, Baby. Unverkennbar sind die näselnd-nuschelnde Vortragsweise, die fahrigen Handbewegungen, ein kalkuliert ungelenker Tanzstil. Die gut gelaunte Platte "Sommer, Sonne, Kaktus!" landet 2013 als erstes Schneider-Album auf Platz eins der Charts. Seine Shows sind immer auch Konzert, die Bühne voll mit hochkarätigen Musikern. Dabei hat Schneider das Wesen des Jazz in seine Parodien und Albernheiten übersetzt: Was er da tut, lebt von der Improvisation. Kaum ein "Katzeklo" klingt wie das andere. Er schere sich nicht um Regeln, hatte er in einem früheren Interview gesagt.

Klar sein düfte: 2016 ist er auf Tour in Deutschland und der Schweiz. "Lass k(n)acken Oppa" heißt das Programm.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort