Der Popstar der Wissenschaft

Cambridge · Schwarze Löcher, durchs All rasende Mini-Raumschiffe, Gefahren durch schlaue Roboter – Stephen Hawkings Gedankenwelt klingt wie Science-Fiction. Doch das größte Rätsel sind für den an ALS erkrankten Physiker Frauen.

 Stephen Hawking: „Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies.“ Foto: Van Tine/dpa

Stephen Hawking: „Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies.“ Foto: Van Tine/dpa

Foto: Van Tine/dpa

Körperlich total hilflos, aber der brillante Geist läuft auf Hochtouren: Stephen Hawking gehört zu den größten Wissenschaftlern aller Zeiten. Am Sonntag wird das Genie 75 Jahre alt - nach der Prognose seiner früheren Ärzte müsste er schon seit Jahrzehnten tot sein. Erst kürzlich wurde er wieder behandelt: nach einem Treffen mit dem Papst in Rom.

Von Reisen rund um den Globus hält das Hawking, der in einem Rollstuhl sitzt und seit einem Luftröhrenschnitt vor etwa 30 Jahren nicht mehr sprechen kann, nicht ab. Er ist stets mit einem Stab von Leuten unterwegs, darunter auch Krankenschwestern. Als Physikstudent erkrankte Hawking an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Seit Jahrzehnten ist er nahezu bewegungsunfähig. Nur mit Hilfe eines Computers kann er sich mühsam verständigen.

Mit großem Ehrgeiz und scharfem Verstand brachte er es weit. 1979 wurde er Professor für Mathematik in Cambridge , über 30 Jahre lang hatte er dort den berühmten Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik inne. Hawking begeisterte die Fachwelt mit seinen Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu monströsen Schwarzen Löchern. "Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen", sagte er. "Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert." Machten ihn nur seine Theorien berühmt? Hawking argwöhnt noch etwas anderes: "Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies", sagte er dem britischen Fernsehen, der BBC. "Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige."

Hawking ist eine Art Popstar der Wissenschaft und schreckt nicht davor zurück, zu populären Themen wie Zeitreisen und Außerirdischen Stellung zu nehmen. In den vergangenen Jahren scheint er eine Wandlung durchzumachen, tritt oft als Mahner auf. Intelligente Roboter , Klimaerwärmung, Atomkrieg und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten die Erde gefährden, warnt er. Seine Botschaft: Die Menschheit müsse sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen für den Fall, dass es zu einer hausgemachten Katastrophe kommt. Gemeinsam mit dem russischen Milliardär Juri Milner plant er, eine Armee nur etwa briefmarkengroßer Raumschiffe auf eine 20-jährige Erkundungsreise zum Sternensystem Alpha Centauri zu schicken. "Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen."

Das Privatleben kam trotz seiner Forschungen nicht zu kurz: Stephen Hawking war zweimal verheiratet und hat drei Kinder. 30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe verheiratet, bis die Ehe scheiterte. Später nannte seine Ex-Frau ihn einen Haustyrannen: "Sein Ruhm trug ihn aus dem Orbit unserer Familie."

1995 heiratete Hawking seine Pflegerin, die Verbindung hielt elf Jahre. In einem Interview sagte er auf die Frage, worüber er jeden Tag am meisten nachdenke: "Frauen. Sie sind ein komplettes Rätsel."

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