Der Aprilscherz in der Krise

Hamburg. Eindrucksvolle Bilder von einer Spaghetti-Ernte in der Schweiz flimmern am 1. April 1957 über den Bildschirm. Hunderte Briten rufen bei der BBC an und fragen, wo denn diese Spaghetti-Büsche zu kaufen seien. Auf den Gag von damals würde heute wohl niemand mehr reinfallen. Der Humor hat sich verändert

 Würstchen gefällig? Mit "Dienstwürstchen" schickte die Post 1998 die Medien in den April. Foto: dpa

Würstchen gefällig? Mit "Dienstwürstchen" schickte die Post 1998 die Medien in den April. Foto: dpa

Hamburg. Eindrucksvolle Bilder von einer Spaghetti-Ernte in der Schweiz flimmern am 1. April 1957 über den Bildschirm. Hunderte Briten rufen bei der BBC an und fragen, wo denn diese Spaghetti-Büsche zu kaufen seien. Auf den Gag von damals würde heute wohl niemand mehr reinfallen. Der Humor hat sich verändert. "Der Aprilscherz ist heute etwas in der Krise", sagt der Kulturanthropologe Gunther Hirschfelder von der Universität Bonn. "Es dominiert heute oft die Angst, sich zu blamieren", führt er als Grund an. "Man denkt, die Komiker im Fernsehen seien sowieso viel lustiger und die eigene Idee nicht gut genug."

Ausgerechnet die Wirtschaftskrise könnte nun zur Entstaubung beitragen, meint Hirschfelder. "Oft gilt das Muster: Je mehr Krise, desto mehr Witze." Scherzen immer weniger Leute zum Privatgebrauch, so hat die kommerzielle "Ausbeutung" des Aprilscherzes in den letzten Jahren zugenommen. So sollte 2008 das Buch "Sommer, Sonne, Nackedeis - FKK in der DDR" bei einer Nacktlesung vorgestellt werden. "April, April", hieß es - aber das Buch war in aller Munde. Die Post teilte 1998 mit, dass 100 000 Briefträger "Dienstwürstchen" bekommen sollten - zur Abwehr bissiger Hunde. Für das Unternehmen brachte die gelungene Image-Kampagne Sympathiepunkte.

Scherzen als Profession

Der Betreiber der Webseite "www.aprilscherze.net", Dietmar Koch, sieht im Medienkonsum einen Grund für das schwindende Brauchtum unter Freunden und Kollegen. "Die Leute früher waren noch nicht der Reizüberflutung der Medien ausgesetzt und sind selbst kreativ geworden." Viele scheuten heute, jemand anderen mit einem Scherz in Verlegenheit zu bringen. Hirschfelder meint, die Fähigkeit zum Witzemachen sei an eine "professionelle Humor-Elite" delegiert worden. Er sieht den Brauch untergehen in einem Meer an Comedy-Sendungen.

Vielleicht braucht es einfach mehr prominente Vorbilder, die sich den Aprilscherz zu Eigen machen. So wie den dänischen Ministerpräsidenten Poul Schlüter, der 1986 eröffnete, sein Land wolle sich für die Abschaffung des Linksverkehrs in Großbritannien einsetzen.

Die aktuelle Scherz-Krise hänge auch mit einem Wandel des Humorgeschmacks zusammen, meint Forscher Hirschfelder. "Zu Willy Brandts Zeiten haben alle noch über das Gleiche gelacht." Stichwort: "Nivellierte Mittelstandsgesellschaft". Deshalb konnte eine Serie wie "Ein Herz und eine Seele" mit Ekel Alfred in den 70ern zum Straßenfeger werden. Es gab einen Humor-Konsens. Doch dass der Aprilscherz langsam ausstirbt, daran glaubt der Forscher nicht. "Der 1. April ist einer der wenigen kulturellen Marksteine, der von der frühen Neuzeit bis heute eine gewisse Konstanz aufweist."

 Würstchen gefällig? Mit "Dienstwürstchen" schickte die Post 1998 die Medien in den April. Foto: dpa

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Der Schauspieler Robert de Niro (65, Foto: ddp) fühlt sich als Regisseur meistens "schrecklich". Er müsse dann jeden Tag Entscheidungen zu einer Unmenge von Fragen und Themen treffen. Dennoch hat de Niro mit dem Regieführen noch nicht abgeschlossen. "Ich
Der Schauspieler Robert de Niro (65, Foto: ddp) fühlt sich als Regisseur meistens "schrecklich". Er müsse dann jeden Tag Entscheidungen zu einer Unmenge von Fragen und Themen treffen. Dennoch hat de Niro mit dem Regieführen noch nicht abgeschlossen. "Ich