Der Absturz des "Donnervogels"

Paris. Es ist die große Narbe der französischen Luftfahrt: Der Absturz einer Concorde am 25. Juli 2000 kurz nach ihrem Start vom Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle. Einen langen Feuerschweif hinter sich herziehend, war die Maschine in ein Hotel im zehn Kilometer entfernten Ort Gonesse gestürzt

Paris. Es ist die große Narbe der französischen Luftfahrt: Der Absturz einer Concorde am 25. Juli 2000 kurz nach ihrem Start vom Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle. Einen langen Feuerschweif hinter sich herziehend, war die Maschine in ein Hotel im zehn Kilometer entfernten Ort Gonesse gestürzt. Alle 100 Passagiere, darunter 97 Deutsche auf dem Weg zu einer Kreuzfahrt, neun Crewmitglieder und vier Menschen am Boden starben.Das Unglück leitete das Ende des legendären "Donnervogels" ein. Wenige Jahre nach dem Crash stellte die Concorde den Flugbetrieb ein. Wer oder was trug Schuld daran? Eine quälende Frage, die ein Prozess rund zehn Jahre nach dem Unglück endgültig klären sollte. Am 6. Dezember 2010 verurteilte ein Gericht die US-Fluggesellschaft Continental wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 200 000 Euro und einer Schadensersatz-Zahlung über eine Million Euro an Air France. Ein ehemaliger Continental-Mechaniker erhielt eine 15-monatige Bewährungsstrafe. Vier weitere Angeklagte wurden freigesprochen, darunter einstige Angestellte des Concorde-Herstellers Aérospatiale. Dennoch legte die französische Fluggesellschaft ebenso wie Continental Berufung ein.

Morgen wird der Prozess in Versailles erneut aufgerollt. Beim ersten Prozess waren 60 Zeugen und 30 Sachverständige angehört worden. Die Richter folgten der These der französischen Flugunfall-Untersuchungsbehörde, nach der der Jet beim Start über eine Titan-Lamelle gerollt war, die eine zuvor gestartete Continental-Maschine verloren hatte. Der verurteilte Continental-Mitarbeiter hatte demnach ein Ersatzteil verwendet, das nicht den Vorschriften entsprach. Dadurch sei ein Reifen der Concorde geplatzt, Gummiteile durchlugen einen Kerosintank des Flugzeugs, der Treibstoff entzündete sich und zwei Triebwerke versagten.

Demgegenüber steht die Theorie von Continental, nach der die Concorde bereits gebrannt haben soll, bevor sie das Metallstück überrollte. Continental-Anwalt Olivier Metzner stützte sich auf mehrere Zeugenaussagen, unter anderem von Piloten. Er beschuldigte nicht nur das Gericht der Einseitigkeit, sondern auch zwei Gutachter, ehemalige Mitarbeiter von Air France. Das Urteil folge wirtschaftlichen Interessen. Der Staatsanwalt hielt den ehemaligen Leiter des Concorde Programmes, Henri Perrier, für mitverantwortlich, da er die fast 80 Zwischenfälle unterschätzt habe, die bei den Überschallflugzeugen seit 1979 auftraten. Tatsächlich hatte die technisch herausragende, aber fehleranfällige Maschine schon vor der Katastrophe Probleme mit den Reifen.

Perriers Anwalt sagte, sein 82 Jahre alter Mandant könne aus Gesundheitsgründen nicht zum Prozess erscheinen und bat - vergeblich - um Aufschub. Dem schloss sich Air France-Anwalt Fernand Garnault an: Nur Perrier könne alle notwendigen technischen Informationen geben. Die meisten deutschen Angehörigen hatten nach einer Entschädigungszahlung auf ihr Klagerecht verzichtet.

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