20 Jahre nach Dianas Tod Das tragische Märchen, das Lady Di unsterblich machte

London · Vor 20 Jahren schockierte ein Unfall die Welt: Diana, populäre Ex-Frau des britischen Thronfolgers, verunglückte in Paris tödlich. Das Drama veränderte England.

 Das Leben an Charles’ Seite brachte ihr kein Glück: Lady Diana Spencer heiratete den Prince auf Wales 1981. 15 Jahre später endet die Ehe in einem Rosenkrieg.

Das Leben an Charles’ Seite brachte ihr kein Glück: Lady Diana Spencer heiratete den Prince auf Wales 1981. 15 Jahre später endet die Ehe in einem Rosenkrieg.

Foto: dpa/Str

Ein Phänomen, gewiss, was sich seit Wochen im Königreich abspielt. Diana, 20 Jahre tot, wird medial in die Öffentlichkeit zurückgeholt. Ihr Leben, ihr Leiden, ihr Vermächtnis – erzählt in Sonderbeilagen und bebildert auf Titelseiten des schrillen Boulevards. Auf TV-Sendern folgt eine Dokumentation auf die andere, immer kommen echte oder vermeintliche Diana-Kenner zu Wort, denen plötzlich nach zwei Jahrzehnten eine neue Geschichte einfallen will, wo doch längst alles gesagt, geschrieben und gedeutet schien.

Ein bisschen erinnert alles an die Massenhysterie von 1997, die von Großbritannien in die Welt schwappte. Tausende Menschen pilgerten nach London, legten Sträuße vor dem Buckingham- und Kensington-Palast und überall da ab, wo noch Platz war. Wildfremde Menschen nahmen sich tröstend in die Arme, weinten um eine Frau, die sie doch nie getroffen haben, aber deren tragischer Unfalltod in Paris mit nur 36 Jahren sogar die jahrhundertealte Monarchie ins Wanken brachte. Königin Elisabeth II. reagierte nach dem Geschmack der Menschen zu zögerlich und zeigte so nur noch deutlicher den Kontrast zwischen dem traditionsbewussten, auf Selbstbeherrschung pochenden Establishment und dem offenen und nahbaren Stil, den Diana als Royal verkörperte. Das britische Volk in kollektiver Trauer stand kurz vor dem Nervenzusammenbruch und war irgendwie selbst überrascht davon. „Das Trauern wurde eine öffentliche Aktivität, ein Gruppen­ereignis und ein bisschen wetteifernd“, erinnert sich der „Guardian“.

„Ihr Tod fegte eine alte, akzeptierte Ordnung von Protokollen und Höflichkeit weg und leitete eine neue Ära, geprägt von Mitgefühl und Liberalismus, ein“, befand die „Mail on Sunday“. Premierminister Tony Blair taufte Diana „Prinzessin des Volkes“ und Millionen Menschen prägte sich das herzzerreißende Bild ein, wie der 15-jährige Prinz William und der zwölf Jahre alte Prinz Harry am Tag der Beerdigung mit gebeugtem Haupt hinter dem Sarg der Mutter hergingen. In den vergangenen Wochen haben sich die beiden Männer ungewöhnlich offen über die Teenager-Zeit geäußert, über ihren Schmerz und die überwältigende Reaktion der Bevölkerung. Die junge Generation lässt hinter die Fassade blicken und erinnert damit an die Mutter, die mit ihrer unkonventionellen Art häufig im steifen Hause Windsor aneckte.

Abseits der Medien ist es nicht einfach, die Königin der Herzen zu finden – trotz der in den Asphalt eingelassenen Bronze-Plaketten, die im Zentrum Londons auf den Diana Memorial Walk hinweisen. Ihre letzte Ruhe fand Diana auf einer Insel bei Northampton, weit weg vom Getöse der Metropole. Eine Statue in London fehlte bisher. Die Söhne wollen dies zum 20. Todestag ändern und ihre Mutter mit einem Denkmal in einem öffentlichen Bereich der Gärten des Kensington-Palasts würdigen. Hier, wo sie bis zuletzt gelebt hatte, schildert zurzeit eine Ausstellung die Wandlung von Lady Diana Spencer, der schüchternen Kindergärtnerin und Aristokratentochter, zur internationalen Mode-Ikone, die einer ganzen Frauen-Generation als Vorbild diente. Auch im Buckingham-Palast läuft eine Schau zu „England’s rose“, wie Diana in dem Song „Candle in the Wind“ ihres Freundes Elton John genannt wurde, der damit die Hymne für die weltweite Trauer schuf.

Noch heute hört man ihn von Londonern, den Hinweis auf das Märchen von der schönen Princess of Wales, das zu einer Reality-­Soap wurde, die in siebzehn Jahren nichts ausließ und die ganze Welt unterhielt. Traumhochzeit mit 20 Jahren, Familienglück mit zwei Söhnen, dann Affären auf beiden Seiten, Ehedrama, schlüpfrige Enthüllungen, Rosenkrieg. Dass Diana das Spiel mit den Medien nahezu perfekt beherrschte und nutzte, um etwa über ihre Bulimie oder ihre Affären zu sprechen und während des Scheidungskriegs mit Thronfolger Prinz Charles die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen, findet zurzeit kaum Erwähnung. Kritik ist unerwünscht. Vielmehr verurteilten die Söhne noch einmal das Verhalten der Paparazzi gegenüber ihrer Mutter. Sie versuchen, Diana als liebevolle, humorvolle Mutter mit leidenschaftlichem sozialen Engagement für Obdachlose, gegen Landminen oder Aids zu zeigen.

„Ihr Vermächtnis sind ihre Söhne, die ihre Arbeit weiterführen“, sagt die Roxal-Expertin Ingrid Seward. Die den informellen Stil ihrer Mutter übernommen haben und sich nicht hinter Palastmauern verschanzen. „Diana sorgte dafür, dass die royale Familie sich selbst reflektieren musste und so erkannte, dass sie sich vorwärts bewegen muss, um zu überleben.“ Die Windsors hätten sich sogar der Forderung der Öffentlichkeit gebeugt, Gefühle zu zeigen – in Maßen. Dass das Königshaus heute so beliebt dasteht wie selten zuvor, ist zu großen Teilen ausgerechnet Diana zu verdanken, die doch einige Jahre vor ihrem Tod vom Hof gejagt wurde. Aber die Royals haben ihre Lektion gelernt – aus jener Woche vor 20 Jahren, die, wie eine Zeitung kürzlich schrieb, „unser Land für immer verändert hat“.

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