Das stille Örtchen bleibt kostenfrei

Bochum/Saarbrücken · Um Schultoiletten gibt es viel Ärger. Trotz Reinigung sind sie oft verdreckt oder kaputt. In Bochum wollte eine Schule mit einer Gebühr Abhilfe schaffen - und bekommt dafür jetzt die Rote Karte. Andere Schulen praktizieren das Modell seit Jahren.

Kaum eine Elternversammlung kommt am Thema Schultoiletten vorbei. Egal ob Erstklässler oder Abiturienten - die Frage, wie man ohne Ekel sein Geschäft erledigen kann, zieht sich durch das ganze Schulleben. Lösungsversuche gibt es viele. Mit einem ist die Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule in Bochum nun gescheitert.

Ulrich Sauter als stellvertretender Schulleiter hatte vor Jahren die "Soko Schultoiletten" ins Leben gerufen. Als Ergebnis stand eine Toilette, die für 120 000 Euro frisch renoviert wurde und seitdem von einer Putzkraft betreut wird. Sie stellt sicher, dass aus dem fein herausgeputzten Ort nicht nach wenigen Wochen wieder ein Ekelklo wird. Aber das Personal kostet Geld. Die Schüler mussten im vergangenen Schuljahr zehn Cent pro Besuch beisteuern. Im jetzt anlaufenden Schuljahr wollte die Schule auf eine Flatrate umstellen. Wer will, zahlt zehn Euro jährlich. Wer nicht will, geht kostenlos auf die anderen Schultoiletten.

Doch die Schulaufsichtsbehörde machte da nicht mit. Die Bezirksregierung Arnsberg stoppte das Modell. "Es darf in der Schule keine Zweiklassengesellschaft geben", sagte Sprecher Christian Chmel-Menges. Die Bezirksregierung bezieht sich bei dieser Entscheidung auf einen Erlass des Schulministeriums in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2009, der die Errichtung von sogenannten Premium-Toiletten verbietet.

Der Vorsitzende der Landeselternkonferenz in Nordrhein-Westfalen, Eberhard Kwiatkowski, steht hinter dem Erlass. "Schüler sollten für einen Klogang nicht bezahlen. Und sie sollten nicht benachteiligt werden, wenn die finanziellen Mittel nicht da sind." Die Schule in Bochum hätte das seiner Meinung nach geschickter lösen können - wie etwa in seiner Schule: "Wir haben einmal im Jahr etwas für den Unterhalt der Toiletten eingesammelt." Wer dies nicht bezahlen konnte, hätte trotzdem das renovierte Klo nutzen dürfen. Die Euregio Gesamtschule in Rheine im Münstlerland hat 2008 ein ähnliches Konzept wie in Bochum umgesetzt. Dort zahlen die Schüler 15 Euro pro Jahr für den Gang auf die frisch renovierten Toiletten, die in einen Lern- und Erste-Hilfe-Bereich integriert sind. Aber es gibt auch weiterhin frei nutzbare stille Örtchen.

In anderen Bundesländern sorgt der Streit in NRW für Stirnrunzeln. Joachim Klesen, der Vorsitzende der Gesamtlandes-Elternvertretung (GLEV) im Saarland, hält "gar nichts" von einer Toiletten-Gebühr. Auch er glaubt, dass diese "eine Zweiklassengesellschaft in den Schulen aufbaut", wie er auf SZ-Anfrage mitteilte. Viel wichtiger sei es, dass die Kinder sowohl von den Eltern als auch im Unterricht für das Thema Hygiene sensibilisiert würden.

Dass Kinder etwas für die Toilettenbenutzung bezahlen müssten, sei "in Bayern noch nie aufgeschlagen", sagte ein Sprecher des Bayerischen Gemeindetags gestern in München. In Schleswig-Holstein sagte Schulrätin Dagmar Lorenzen vom Schulamt Kiel, es gebe Schulen, die die Toiletten während der Schulstunden abschließen. Wer während des Unterrichts auf die Toilette muss, bekommt einen Schlüssel und es wird vermerkt, wer wann den Schlüssel hatte. Dreckige Schultoiletten seien ein Dauerthema, sagt der Lübecker Schulrat Gustaf Dreier. Bezahltoiletten seien aber keine Lösung.

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