Selfieccino Das Selfie gibt’s jetzt auch zum Schlürfen

London · Ein Londoner Café verziert Cappuccinos mit dem Porträt des Kunden. Vor allem bei der jüngeren Klientel kommt das Heißgetränk gut an.

 Ein „Selfieccino“: Per High-Tech-Drucker wird mithilfe geschmackloser Lebensmittelfarbe ein verblüffend realitätsgetreues Selfie auf den Milchschaum des Kaffees oder der heißen Schokolade gezaubert.

Ein „Selfieccino“: Per High-Tech-Drucker wird mithilfe geschmackloser Lebensmittelfarbe ein verblüffend realitätsgetreues Selfie auf den Milchschaum des Kaffees oder der heißen Schokolade gezaubert.

Foto: The Tea Terrace/Vasileios Ntagadakis

Ein wenig lustig finden es die drei jungen Frauen ja schon, wie sie an ihrem eigenen Antlitz schlürfen. Sie kichern, schießen Fotos mit ihren Handykameras und posieren mit Cappuccino in der Hand. Auf dessen Schaum ist jeweils ihr Gesicht abgebildet. Und nur dafür sind die US-amerikanischen Touristinnen an diesem Nachmittag in das Londoner Café „The Tea Terrace“ gekommen, das im Obergeschoss des Kaufhauses „House of Fraser“ auf der Einkaufsmeile Oxford Street untergebracht ist. Hier gab es europaweit den ersten sogenannten Selfieccino zu bestellen, mittlerweile wird er auch in zwei weiteren Zweigstellen angeboten. Kaffeekunst 2.0 sozusagen.

Das Prinzip funktioniert ganz einfach. Kunden schicken über den Nachrichtendienst Whatsapp ein Foto von sich an den Barista, der das Bild dann auf eine spezielle Maschine hochlädt. Innerhalb weniger Minuten zaubert der High-Tech-Drucker mithilfe geschmackloser Lebensmittelfarbe das verblüffend realitätsgetreue Selfie auf den Milchschaum des Kaffees oder der heißen Schokolade.

Das Angebot kommt an: Der Umsatz stieg seit der Einführung im vergangenen Dezember laut Unternehmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 Prozent. Insbesondere an Wochenenden bilden sich lange Schlangen von jungen Menschen, die ihr personalisiertes Heißgetränk dann sofort auf Instagram, Snapchat oder Facebook präsentieren – Hashtag „Selfieccino“. Bis zu 110 der Getränke mit dem besonderen Schaum werden pro Tag kreiert. „Ist London verrückt geworden?“, fragte derweil die Hauszeitung der Hauptstadt, der „Evening Standard“. Keineswegs, findet der Geschäftsführer von „The Tea Terrace“, Ehab Shouly. Für Restaurants reiche es nicht länger, großartige Mahlzeiten und ebensolchen Service anzubieten, das wird ohnehin als gegeben erwartet, erklärt er.

Durch die sozialen Medien habe sich das Ess- und Trinkerlebnis völlig verändert, sagt Shouly. „Heutzutage wollen Kunden etwas Einzigartiges erfahren, das es wert ist, auf Instagram oder anderen sozialen Medien gepostet zu werden.“ Mit dem Selfieccino könnten Leute vor ihren Freunden prahlen, da es solch ein Getränk nicht überall gebe. Das Angebot richtet sich vor allem an die sogenannten Millennials, jene Generation zwischen 20 und 35 Jahren, die laut Shouly mehr als die Hälfte der Klientel ausmachen und besonders gerne Fotos aus Restaurants und Cafés mit ihrer Online-Anhängerschaft teilen.

 Auch Fotos von Prominenten wie Prinz Harry und Meghan Markle lassen sich auf Schaum drucken.

Auch Fotos von Prominenten wie Prinz Harry und Meghan Markle lassen sich auf Schaum drucken.

Foto: The Tea Terrace

Der neue Trend hat mittlerweile so hohe Wellen geschlagen, dass andere Lokale in Irland, auf dem Kontinent und im Nahen Osten bei „The Tea Terrace“ anfragen, um die ursprünglich aus Japan stammende Technik zu übernehmen. Natürlich müssen es nicht unbedingt Gesichter sein, die vom Milchschaum lächeln. Einige Kunden bevorzugen etwa Fotos ihrer Hunde für die Kaffeezierde und gaben ihrem individuellen Getränk dann auch einen angepassten Namen: Puppyccino. Der stolze Preis ist derselbe. 5,95 Pfund, umgerechnet 6,80 Euro, kostet die Erfahrung, das schaumige eigene Gesicht oder das Haustier vom Kaffee zu löffeln.

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