Das neue Heim von Hoeneß

Landsberg · Wecken um 5.50 Uhr, stupides Schaffen und vier Stunden Besuch im Monat – Uli Hoeneß erwartet in der JVA Landsberg keine Fanmeile, sondern öder Knastalltag. Vergünstigungen muss er sich erst verdienen.

Hat Uli Hoeneß Glück, bekommt er Zelle 34. Die ist mit ihrer Südlage vergleichsweise hell und etwa einen Quadratmeter größer als andere Zellen. Bei entsprechendem "Wohlverhalten" könne sie ein Gefangener bekommen, raunt einer der eigentlich zum Schweigen verdonnerten Wärter den Journalisten beim Rundgang durch das über 100 Jahre alte Gefängnis zu. In dem sorgen die dicken Mauern trotz Sonnenschein für empfindliche Kühle. Es gibt für Hoeneß also doch Hoffnung auf eine etwas bessere Behandlung - allerdings nicht viel. Denn vom Grundaufbau sind in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg am Lech alle Einzelzellen gleich. Ein Klo, ein Waschbecken mit Kaltwasserhahn, ein Tisch, ein Stuhl, ein Schrank und ein Bücherboard, dazu ein schmaler Heizkörper. Wer aus dem vergitterten Fenster gucken will, muss auf den Stuhl steigen.

Einen Sondertrakt für prominente Inhaftierte gebe es nicht, sagt Franz Röck, Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes. Röck führt die Journalisten durch den Besuchstag, der wegen des "Informationsanspruchs" der Öffentlichkeit organisiert wurde. Währenddessen sind zwar alle Gefangenen in ihre Zellen weggesperrt. Doch manche brüllen hinter den Stahltüren, als die Gruppe durch die Gänge marschiert. Beängstigend klingt das, doch die Wärter lächeln nur. Ganz klar: Hoeneß erwartet kein Zuckerschlecken bei seinem Umzug vom Tegernsee in das durch die Festungshaft von Adolf Hitler bekannt gewordene Gefängnis. Hier muss er einen Gefangenenanzug tragen. Selbst fürs Essen im Speisesaal mit seinen knapp 300 Plätzen gibt es strenge Regeln. Wer bei der Geschirrückgabe übers Essen murrt, kriegt Ärger. "He Kollege, du Ruhe, nix blabla!" steht dort auf einem Schild. Der wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte Ex-Bayern-Präsident bekommt in Landsberg zunächst einen Zellengenossen. Denn die Anfangsphase im Gefängnis sei eine "sehr sensible Phase", sagt ein Sprecher des bayerischen Justizministeriums. Nach maximal zwei Wochen wird Hoeneß seine Einzelzelle beziehen dürfen. Um 5.50 Uhr ist Wecken, um 6.20 Uhr gibt's Frühstück und um 7.00 Uhr beginnt der Arbeitstag. In der Küche könnte Hoeneß arbeiten oder als Packer. Der Wurstfabrikant könnte auch einen Job in der Metzgerei bekommen. Der Tagesverdienst in einem der Anstaltsbetriebe beträgt 11, 94 Euro. Bis 15.30 Uhr dauert der Arbeitstag, danach ist Freizeit. Und zwei Mal im Monat kann Hoeneß für zwei Stunden Besuch bekommen. Zumindest im Juni und Juli kann sich Hoeneß bei soviel Tristesse mit der Fußball-Weltmeisterschaft im Fernsehen ablenken.

Wann Hoeneß erste Schritte in die Freiheit machen kann, ist noch offen. In der Regel werde in Bayern erst 18 Monate vor Ablauf einer Haftstrafe der offene Vollzug gewährt, sagt Frank Arloth vom bayerischen Justizministerium. Dies wäre bei Hoeneß Mitte 2016. "Ausnahmsweise" könne aber auch früher der offene Vollzug gewährt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort