Das Leiden der Dickhäuter

München/Hagen. Der Streit zwischen Tierschützern und Zirkussen in Deutschland eskaliert. Anlass ist der Tod von vier Zirkus-Elefanten in diesem Jahr. Von Seiten der Tierschützer hagelt es Strafanzeigen und Forderungen an die Adresse der Politik, die Wildtierhaltung für Unterhaltungszwecke gesetzlich zu verbieten

 Tierschützer möchten Elefanten aus dem Zirkus verbannen. Foto: dpa/Gentsch

Tierschützer möchten Elefanten aus dem Zirkus verbannen. Foto: dpa/Gentsch

München/Hagen. Der Streit zwischen Tierschützern und Zirkussen in Deutschland eskaliert. Anlass ist der Tod von vier Zirkus-Elefanten in diesem Jahr. Von Seiten der Tierschützer hagelt es Strafanzeigen und Forderungen an die Adresse der Politik, die Wildtierhaltung für Unterhaltungszwecke gesetzlich zu verbieten. Die Zirkusbetreiber wehren sich gegen die "unwahren Anschuldigungen von radikalen Tierschutzorganisationen".Die Todesserie unter Dickhäutern im Showgeschäft begann im Januar 2012 mit dem Ableben der nur 30 Jahre alten Elefantenkuh "Mausi" beim Circus Voyage, gegen dessen Tiershow am Samstag mehrere Aktivisten der Tierschutzorganisation Peta in München protestierten. Laut Peta-Kampagnenleiter, Peter Höffken, ist Voyage für die Tiere "die Hölle auf Erden".

Eskaliert ist der seit Jahren schwelende Streit um die Wildtierhaltung in Zirkussen dann erneut wegen des Todes der afrikanischen Elefantendame "Sandrine" des Circus Krone, der derzeit in Konstanz gastiert. Auch "Sandrine", die am 18. Juni in Freiburg verendete, erreichte mit etwa 27 Jahren nur knapp die Hälfte der Lebenserwartung eines Elefanten. Im vergangenen Mai war bei Krone bereits der, so "Peta", "kranke und verhaltensgestörte" Elefantenbulle "Colonel Joe" gestorben - angeblich an einer Infektion. Der Circus Universal Renz musste im Februar dieses Jahres den Verlust von "Maya" vermelden.

Nach Recherchen des Deutschen Tierschutzbunds sind in den vergangenen 15 Jahren mehr als 30 Elefanten in deutschen Zirkussen vorzeitig gestorben. Nicht wenige Tiere hätten wegen ihres desolaten körperlichen Zustands eingeschläfert werden müssen. Innerhalb eines Jahres seien in den Zoos von München, Berlin und Köln drei Elefanten "trotz anerkannt guter Haltungsbedingungen" eingegangen, hält der attackierte Circus Voyage entgegen. Im Falle von Zirkussen jedoch sei der Tod eines Tieres jedes Mal "Anlass für eine Hetzpropaganda".

Zwischen den Zirkussen und Tierschützern geht es schon lange heftig zur Sache. Nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahre 2010 könne Krone als "notorischer Tierqualzirkus" bezeichnet werden, betont "Peta". Circus Krone wiederum darf nach einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg die Tierschützer von "Peta" beschuldigen, als "sektenartige Tierschutzorganisation" auch "auf Straftatbestände zurückzugreifen".

 Tierschützer möchten Elefanten aus dem Zirkus verbannen. Foto: dpa/Gentsch

Tierschützer möchten Elefanten aus dem Zirkus verbannen. Foto: dpa/Gentsch

Einig sind sich Tierschützer in ihrem Appell an den Bundesgesetzgeber, ein Wildtier-Haltungsverbot für Zirkusse zu verhängen. In 14 europäischen Ländern sei die Haltung von Wildtieren in Zirkussen bereits eingeschränkt oder verboten, sagte Martina Stephany von der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten". In den meisten der mehr als 300 in Deutschland umherreisenden Zirkusbetriebe seien wildlebende Tierarten zu sehen, berichtete der bayerische Tierschutzbund, neben Elefanten Tiger, Löwen, Nashörner, Giraffen, Schlangen und Kängurus. Das Leid dieser Wildtiere sei "enorm". Der Bundesrat möchte den Forderungen der Tierschutzverbände nachkommen und hat im November vergangenen Jahres einen entsprechenden Vorstoß an die Bundesregierung verabschiedet. Jetzt müsse die für den Tierschutz zuständige Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) handeln, fordert Stephany.

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