Das Filmsternchen und der Drogenboss

Mexiko-Stadt · Kate del Castillo (43) hat das aufsehenerregende Interview mit dem Drogenboss „El Chapo“ eingefädelt. Ihre bizarre Beziehung zu dem Verbrecher hat ihr große Bekanntheit, aber auch Ärger mit den Behörden beschert.

Am Anfang stand ein Tweet: Eine kurze Nachricht, die Kate del Castillo vor vier Jahren in die virtuelle Welt sandte und irgendwie doch an den berühmtesten Großganoven Mexikos richtete: "Ich glaube heute mehr an Chapo Joaquín Guzmán als an die Regierungen, die nichts tun und Wahrheiten vorenthalten", schrieb sie damals, 127 Zeichen im Kurznachrichtendienst Twitter , die heftige Reaktionen auslösten. Die Regierung ärgerte, die Bevölkerung wunderte sich. Und die durchschnittlich begabte Schauspielerin war plötzlich in aller Munde.

Drogen-Boss Guzmán, Anfang 2012 mal wieder auf der Flucht, hörte ihre Worte in seinem Versteck, fühlte sich geschmeichelt, sandte Blumen und seine Emissäre zu Del Castillo. Es war der Beginn einer Beziehung zwischen Mimin und Mafioso, die jetzt zu jenem Interview führte, das weltweit im Internet für Aufsehen sorgt. Es sei "ausschließlich für das Fräulein Kate del Castillo und Sean Penn ", sagt Guzmán darin.

Del Castillo, 43 Jahre, Tochter des bekannten Schauspielers Eric del Castillo spielte schon als Kind in Filmen mit. Später machte sie Karriere in Telenovelas . Heute ist sie spezialisiert auf Rollen aus dem Kriminellen-Milieu. 2011 spielte sie Teresa Mendoza, Titelheldin in der Serie "La Reina del Sur" ("Königin des Südens"). Darin steigt eine junge Frau aus Sinaloa nach dem Tod ihres Freundes zur großen Führerin eines Drogenkartells auf. Böse Zungen behaupten nun, der Darstellerin seien diese und ähnliche TV-Engagements so zu Kopf gestiegen, dass sie nicht mehr klar zwischen Rolle und Realität trennen könne.

Jedenfalls riss ihr Kontakt zu Guzmán auch nicht ab, als dieser im Februar 2014 eingefangen und in den Knast gesteckt wurde. Er schrieb ihr aus der Haft handschriftliche Botschaften, sandte verschlüsselte Nachrichten und trug offenbar an Del Castillo den Wunsch heran, sein Leben verfilmen zu lassen. Die Schauspielerin, inzwischen in Los Angeles lebend, stimmte zu und begann nach Produzenten und Darstellern zu suchen.

So kam US-Schauspieler Sean Penn ins Boot, der die Gelegenheit nutzen wollte, den legendären Kokainkönig zu interviewen. Del Castillo nutzte ein weiteres Mal ihre Kontakte - dieses Mal in Mexikos Unterwelt - und der Rest ist seit dem Wochenende bekannt. Ironie des Schicksals: Möglicherweise war die neuerliche Ergreifung Guzmáns gerade durch das Interview möglich geworden. Denn Ermittler hefteten sich an die Fersen von Del Castillo und Penn, als sie Anfang Oktober in die Unterwelt abtauchten.

Die Schauspielerin hat nun nicht nur eine deutlich erhöhte Bekanntheit, sondern auch Ärger mit den Behörden diesseits und jenseits des Rio Grande. Die Staatsanwaltschaft in Mexiko möchte sie zu ihren Chapo-Kontakten vernehmen. Und die Exportkontrollbehörde des US-Finanzministeriums OFAC ermittelt gegen Del Castillo und ihre Produktionsfirma, die sich die Rechte an dem 2:42 Minuten langen Interview-Filmchen gesichert hat. Doch die OFAC verbietet jegliche Geschäfte mit Guzmán und droht der Firma von Del Castillo nun mit Sanktionen. Im schlimmsten Fall könnte die Schauspielerin sogar selbst ins Gefängnis müssen.

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