Sex-Vorwürfe Bill Cosby kann noch lachen – aber wie lange?

Norristown · Seit gestern steht der Kult-Komiker wegen Sex-Vorwürfen vor Gericht.

 Sein tiefer Fall war ihm gestern nicht anzusehen: Munter begab sich der 79-jährige US-Komiker Bill Cosby zum Gericht in Pennsylvania.

Sein tiefer Fall war ihm gestern nicht anzusehen: Munter begab sich der 79-jährige US-Komiker Bill Cosby zum Gericht in Pennsylvania.

Foto: dpa/Matt Slocum

() Keisha Knight Pulliam hätte wohl kaum geahnt, dass sie ihren Schauspielerkollegen Bill Cosby Jahre später unter diesen Umständen wiedersehen würde. Als fiktive Tochter Rudy hatte sie an der Seite von Sitcom-Familienvater Cliff Huxtable in der „Bill Cosby Show“ gespielt, die den Entertainer in den 80ern und 90ern beliebt, berühmt und reich machte. Nun steht sie vor einem Gericht in Norristown in Pennsylvania an seinem Wagen, um ihn unterzuhaken und zum Eingang zu führen. Anlass: Cosbys erster Strafprozess wegen mutmaßlicher sexueller Nötigung.

Der 79-Jährige wirkt schwerfällig, aber selbstsicher, als sein Assistent ihm aus dem Auto hilft. Cosby lächelt, plaudert mit Pulliam. Auf Zurufe der Reporter-Schar reagiert er nicht. Cosby sieht an diesem Montagmorgen nicht aus wie ein Mann, der sich vor einer Verurteilung zu einer jahrelangen Haftstrafe fühlt. 60 Frauen haben Cosby sexuelle Übergriffe vorgeworfen, strafrechtliche Folgen hatte bislang keiner dieser mutmaßlichen Fälle. Gegenstand des laufenden Verfahrens sind sie bis auf eine einzige Ausnahme auch nicht. Es geht nur um Andrea Constand, der Cosby einschläfernde Tabletten verabreicht und sie sexuell missbraucht haben soll.

Doch wirkt dieser Prozess stellvertretend für die Masse an Anschuldigungen gegen Cosby. Umso gründlicher scheint Richter Steven O’Neill die Geschworenen belehren zu wollen, die über Cosbys Schicksal entscheiden müssen, als diese im Saal Platz genommen haben. Cosby hat sich der Gruppe zugewandt – sehen kann er sie nicht. Eigener Aussage zufolge ist er erblindet. Zweifel an Cosbys Unschuld und seinen Übergriffen auf Constand gibt es aus Sicht der Staatsanwaltschaft kaum. „Es gibt keinen Zweifel“, sagt Staatsanwältin Kristen Feden. Sie zeichnet das Bild eines mächtigen TV-Stars, der seine Berühmtheit an der Temple Universität ausnutzte, um sich an Frauen zu vergreifen. Bis ins Detail dürfte die Anklage in den nächsten Wochen ausführen, was sich im Januar 2004 in Cosbys Haus abgespielt haben soll. „Nachdem Andrea diese Tabletten nahm, wurde ihr schwindelig und übel. Er half ihr zur Couch. Während sie das Bewusstsein verlor und wiedererlangte, wurde sie Zeuge, wie ihr Körper für seine sexuelle Befriedigung benutzt wurde.“ Cosbys Verteidiger Brian McMonagle spricht von einer Tragödie und erinnert daran, dass viele von Constands Aussagen widersprüchlich gewesen seien.

 Als erste sitzt im Zeugenstand Kelly Johnson, die in den 90ern in Los Angeles als Assistentin bei Cosbys Agentur arbeitete. „Ich hatte höchsten Respekt und Bewunderung für ihn, beruhend darauf, was Millionen andere Amerikaner, vor allem Afroamerikaner, über ihn dachten“, sagt die Frau mit Blick auf Cosbys Erfolg. Doch Annäherungsversuche, ständige Anrufe bei ihr, zu große Nähe seien ihr unangenehm gewesen. Johnson beschreibt, was auch Constand durchgemacht haben könnte: Eine „große, weiße Pille“ zur „Entspannung“ habe Cosby ihr eines Abends in einem Hotel gegeben. Dann sei der Blackout gekommen. Auf dem Bett im Schlafzimmer sei sie wieder zu sich gekommen: „Mein Kleid war von unten hochgezogen und von oben runtergezogen.“ Bei Johnsons Aussage zeigt Cosby eine ernste, nachdenkliche Miene.

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