Breitbeinige Bahnfahrer im Visier

New York · Sechs Millionen Passagiere nutzen täglich die New Yorker U-Bahn, da kann es schon mal eng werden. Die Verkehrsbehörde bittet deswegen jetzt Männer, sich nicht mehr allzu breitbeinig hinzusetzen.

Feierabendverkehr in Manhattan. Dicht gedrängt stehen die Menschen in der U-Bahnlinie 6 Richtung Bronx. Zwischen ihnen klemmen Einkaufstaschen, Kinderwagen und Rucksäcke. Nur Brian Miller hat es sich auf einer der Bänke breitbeinig bequem gemacht. Fast zwei ganze Plätze nimmt der 31-Jährige ein. "So sitze ich immer", sagt der Kellner. "Es ist einfach gemütlich, und ich denke da gar nicht groß drüber nach." Eine ältere Frau, die eng eingequetscht neben Miller sitzt, schüttelt ungläubig den Kopf.

"Manspreading" (auf Deutsch etwa: "männliches Ausbreiten") nennen die Amerikaner das extrem breitbeinige Sitzen von Männern in öffentlichen Verkehrsmitteln. In den meist überfüllten Wagen der New Yorker U-Bahn, die von rund sechs Millionen Passagieren am Tag benutzt wird, sind insbesondere Frauen vom exzessiven "manspreading" zunehmend genervt.

"Es macht mich verrückt", sagte die Schauspielerin Kelley Rae O'Donnell der "New York Times". "Ich entdecke mich dabei, wie ich diese Männer anstarre, weil es in dieser überfüllten Stadt einfach so rücksichtslos ist." Besonders breitbeinig sitzende Männer fotografiert O'Donnell und veröffentlicht die Bilder beim Kurznachrichtendienst Twitter . Und sie spricht die Männer an. "Aber da bekomme ich meistens nur ein Gemurmel oder komplette Ablehnung zurück."

Seit kurzem hat O'Donnell die New Yorker Verkehrsbehörde MTA auf ihrer Seite. Mit Plakaten in rund 2600 U-Bahn-Wagen geht die MTA gegen das "manspreading" vor. "Dude ... Stop the Spread, Please" (auf Deutsch etwa: "Junge, lass das Ausbreiten") steht darauf. Neben der Schrift ist ein rotes Strichmännchen zu sehen, das breitbeinig auf einer U-Bahn-Bank sitzt. Die Kampagne löste im Internet einen derartigen Wirbel aus, dass das Wort "manspreading" es sogar in die Endauswahl der Amerikanischen Gesellschaft für Sprache zum Wort des Jahres schaffte.

Männer wie Frauen sind sich allerdings einig, dass "manspreading" bei weitem nicht das größte Problem in der New Yorker U-Bahn ist. "Ich habe wirklich einmal einen Mann beobachtet, der Gummihandschuhe angezogen, eine Büchse Sardinen geöffnet und sie dann in der U-Bahn gegessen hat", sagte Yana Ivanov der "New York Times". Erica Herd berichtete von einem Mann, der sich die Fingernägel schnitt. "Seine Nägel flogen wie Raketen durch die ganze U-Bahn."

Neben dem - geruchsintensiven - Essen und der Körperpflege beschwerten sich die Passagiere laut MTA besonders über laute Musik, das Blockieren von Türen und akrobatische Übungen an Haltestangen. Auch gegen all diese Unhöflichkeiten geht die Verkehrsbehörde jetzt mit Plakaten vor.

Aber Plakate hin oder her - viele New Yorker plädieren dafür, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. "Das hier ist New York City - ein pulsierender Ort voller Persönlichkeiten und merkwürdiger Menschen", sagte Neil "Wenn jemand seine Beine ausbreitet, geh rüber, frage ihn ‚macht es dir etwas aus?', und dann setze dich daneben. Wenn er sich zu sehr ausbreitet, drückst du ihm einfach deinen Ellbogen in die Seite."

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