Blitz und Donner – punktgenau

Berlin · Der Deutsche Wetterdienst setzt ab sofort auf ein verbessertes Warnsystem. Damit lassen sich kleinere Gebiete wie Gemeinden und einzelne Bezirke großer Städte vor Unwetterfronten warnen.

 Gewitter überm Kanzleramt? Der Wetterdienst bietet jetzt ortsgenaue Warnungen an. Foto: Zinken/dpa

Gewitter überm Kanzleramt? Der Wetterdienst bietet jetzt ortsgenaue Warnungen an. Foto: Zinken/dpa

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Vor den Alpen hing gestern ein dickes Regengebiet, doch die Unwetterwarnung vor Niederschlägen bis 60 Liter je Quadratmeter betraf im Landkreis Oberallgäu nur die Gebiete südlich von Kempten. Und punktgenau gab der Deutsche Wetterdienst auf seiner Website (www.dwd.de ) gleichzeitig einen Hinweis auf Sturmböen in Quedlinburg am Harz. Die Warnungen der Offenbacher Behörde sind seit Neuestem viel präziser als bisher - um den Faktor 25.

Bisher galten die Alarme immer für ganze Landkreise, von denen es in Deutschland rund 400 gibt. Das war vor allem im Osten, wo die Landkreise teilweise größer sind als das Saarland, nicht immer praktisch. Die Feuerwehren wussten trotz der frühen Hinweise nicht, wo genau sie sich auf herabstürzende Äste oder überflutete Keller vorbereiten sollten, und die alarmierten Bürger fühlen sich veräppelt, wenn nichts passierte. Neuerdings können die Warnungen auf jede der rund 10 000 deutschen Gemeinden heruntergezoomt werden. Mehr Daten und eine höhere Computerkapazität machen es möglich. In Großstädten wie Berlin zum Beispiel gehen die Warnungen bis auf die Ebene von Stadtteilen. Die Hinweise, abgestuft in "Wetterwarnung" und "Unwetterwarnung", betreffen Stürme und Orkane, Gewitter, Schneefall, Glätte und Frost, Starkregen, Dauerregen, Nebel und Tauwetter. Sie sind auf den Karten mit entsprechenden Symbolen gekennzeichnet.

Das alles nützt freilich nichts, wenn es nicht zu den Bürgern kommt. Der Wetterdienst setzt stark auf die Medien für jene Menschen, die nicht ständig auf ihr Handy starren. Ansonsten hilft das Internetangebot oder die amtseigene "WarnWetter-App", die ab August auf das neue System umstellt. Auch die App "Nina" des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und "KATWARN", ein Alarmsystem der Versicherungen, verbreiten die Informationen. Jeder sollte sich hier oder dort anschließen - jetzt erst recht. Denn mit der neuen Genauigkeit werden künftig zwar weniger Bürger und Behörden in Alarmzustand versetzt. Dafür aber umso berechtigter.

Bei der Präsentation in Berlin - wo es tags zuvor in einigen Stadtbezirken heftige Unwetter mit Überschwemmungen gegeben hatte, die der DWD auf seinen Warnkarten auch vermerkt hatte - zeigten sich die Wetterfrösche stolz ("Quantensprung"), aber gleichzeitig auch vorsichtig. Bei großflächigen Stürmen oder Dauerregen könne man zwölf oder mehr Stunden vorher konkrete Unwetterwarnungen je Gemeinde veröffentlichen. Ganz zu schweigen von den allgemeinen Früh- und Vorwarnungen, die noch eher kommen. Bei lokalen Sommergewittern aber sei manchmal schon eine halbe Stunde Vorwarnzeit eine Herausforderung. Sowieso lasse sich das Wetter nie hundertprozentig genau voraussagen. Und die Sturzbäche in Simbach am Inn und anderswo im Frühjahr hätte auch das neue System nicht erfasst. Denn aus dem extrem ortsfesten Tief, das Anfang Juni über Teilen Deutschlands lag, entwickelten sich immer neue Gewitterzellen mit Starkregen, die vorher kaum zu lokalisieren waren. Wie Popcorn im Backofen.

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