Skurrile Marketing-Aktion Es ist bewiesen: Bielefeld existiert

Bielefeld · Aufatmen in Ostwestfalen: Die Stadt Bielefeld ist keine Illusion – zumindest konnte der Gegenbeweis nicht erbracht werden. Für diesen hatte die Stadt skurrilerweise eine Million Euro ausgelobt.

Martin Knabenreich (r.) von Bielefeld Marketing und Achim Held aus Kiel, „Schöpfer“ der „Bielefeld-Verschwörung“, präsentieren den 600 Kilo schweren Findling als Denkmal dafür, dass die Stadt Bielefeld wirklich existiert.

Martin Knabenreich (r.) von Bielefeld Marketing und Achim Held aus Kiel, „Schöpfer“ der „Bielefeld-Verschwörung“, präsentieren den 600 Kilo schweren Findling als Denkmal dafür, dass die Stadt Bielefeld wirklich existiert.

Foto: dpa/David Inderlied

Und es gibt sie doch! Anders als Witzbolde und Anhänger der populären Bielefeld-Verschwörung die Welt glauben lassen wollten, ist Bielefeld eine reale Stadt, mit echten Menschen, echten Gebäuden – und einer cleveren Stadt-Marketing-Abteilung.

Davon kündet seit Dienstag ein Gedenkstein mitten in der Altstadt der ostwestfälischen Großstadt. Enthüllt vom Bürgermeister persönlich soll er an das Ende der Bielefeld-Verschwörung erinnern, die vor 25 Jahren in die Welt gesetzt wurde. Es ist der Schlusspunkt einer augenzwinkernden Aktion, mit der die Stadtmarketing-Strategen weit über die Region hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt haben.

In einem kuriosen Wettbewerb um eine Million Euro forderten sie vor rund vier Wochen die Welt heraus, Bielefelds Nicht-Existenz zu beweisen – oder andernfalls endlich Ruhe zu geben mit dem schon fast zum Allgemeingut gewordenen Gewitzel, Bielefeld gebe es doch gar nicht. 2000 Beweisversuche wurden seither geprüft, bevor die Stadt sich einmal mehr sicher zeigte: Wir existieren. „Wir verabschieden uns von der Mär, dass es uns nicht gibt“, verkündete Oberbürgermeister Pit Clausen am Dienstag.

Vor 25 Jahren hatte der Kieler Informatikstudent Achim Held im Netz einen satirisch gemeinten Text über Bielefelds vermeintliche Nicht-Existenz veröffentlicht. Der Text führte fortan ein Eigenleben. Der Joke „Bielefeld gibt‘s doch gar nicht“ entwickelte sich schnell zum Dauerbrenner, den Bielefelder immer wieder zu hören bekamen. Selbst Kanzlerin Angela Merkel hatte vor Jahren die Lacher auf ihrer Seite, als sie von Bielefeld erzählte und spontan den offiziellen Redetext ergänzte um: „...so es denn existiert“. Mit solchen Gags auf Kosten der Stadt wollte die Stadt ein für alle Mal Schluss machen und holte zum Gegenschlag aus. Die witzige Idee verbreitete sich rasant: Medien von der New York Times über die BBC und den Guardian berichteten, die Bielefeldmillion war zeitweise Trendthema in Twitter-Deutschland. Nicht minder groß war die Resonanz auf den Aufruf: 2000 Einsendungen, allein 350 aus dem Ausland. Ortsansässige Unternehmen sprangen auf den Zug auf und erhöhten den Einsatz, etwa um eine Million Puddingpäckchen oder eine Million Kondome. Fußball-Zweitligist Arminia Bielefeld hätte sogar einen Platz im Kader vergeben, wenn ein Beweis überzeugt hätte.

Doch die Überraschung blieb aus. Natürlich konnte niemand die Verschwörung beweisen, teilten die Kampagnenmacher mit – auch wenn die Teilnehmer viel kreatives Talent gezeigt hätten, wie Jens Franzke von Bielefeld Marketing berichtete. Seitenlange mathematische und quantenphysikalische Abhandlungen ließen Bielefeld scheinbar verschwinden. Doch mit Hilfe der geballten Wissenschaftler-Kraft am Unistandort Bielefeld sei es gelungen, auch diese als Fakes zu entlarven.

Das Bundesamt für Kartographie tilgte die Stadt in einem getwitterten Kartenausschnitt, andere Teilnehmer versuchten es mit Kinderbildern, Gedichten und Videos. „Wir waren selbst völlig überrascht, welche Kreise das gezogen hat“, sagt Franzke. Ein Student aus einem Dorf hinter Wladiwostok habe beispielsweise einen achtseitigen Comic geschickt. Ob all die gescheiterten Beweisversuche die Verschwörungstheoretiker verstummen lassen werden, bleibt indes offen.

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