Bewährung für falsche Lehrerin

Kiel · Ihr Traum war es, Lehrerin zu werden. Und diesen Traum setzte eine Frau aus Wismar mit gefälschten Zeugnissen jahrelang um. Erst vor zwei Jahren flog sie auf. Nun kam das Urteil.

Vor mehr als 20 Jahren fing es an, das Leben als Hochstaplerin. Mit der Manipulation eines Lehrerdiploms für eine Anstellung in Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern). Es folgten Stationen als Lehrerin in Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und wieder in Mecklenburg-Vorpommern. Alle diese Stellen - und eine Verbeamtung - hat eine jetzt 50-Jährige aus Wismar nach Ansicht des Amtsgerichts Kiel nur bekommen, weil sie mit hoher krimineller Energie immer wieder Zeugnisse und Urkunden wie ein Staatsexamen fälschte.

Gestern wurde die Frau mit den dunklen Locken nun wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Auch Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten Bewährungsstrafen gefordert. Nur drei der vielen Zeugnisse der Angeklagten sind echt: das Abschlusszeugnis der Polytechnischen Oberschule in Wismar, ihr Ausbildungszeugnis als Krankenschwester und ein Diplom als Lehrerin für Deutsch und Staatsbürgerkunde mit der Note "befriedigend". Nach der Wende schönte die Frau, die nach eigenen Angaben schon als Kind Lehrerin werden wollte, aus Angst vor Arbeitslosigkeit ihre Vita. Aus dem Propaganda-Fach Staatsbürgerkunde wurde Sozialkunde, aus dem "befriedigend" ein "sehr gut".

Im Jahr 1991 begann die Frau, in Wolgast mit ihrem manipulierten Diplom an einem Gymnasium zu unterrichten. Als dort Zweifel an ihrem Diplom auftauchten, wechselte sie 1995 nach Neuruppin (Brandenburg), im Jahr 2000 nach Berlin. Dort ließ sie sich im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren entlassen. Das hinderte sie aber nicht, mit falschen Papieren ab 2008 an einem Gymnasium in Mölln (Schleswig-Holstein) als Studienrätin tätig zu werden.

Die Richterin urteilte, die Angeklagte habe den Schülern qualifizierten Unterricht verwehrt, Klausuren verschwanden, die Angeklagte fehlte häufig unentschuldigt. "Glücklicherweise" habe sie keine Abschlussprüfungen abgenommen. Als gegen die 50-Jährige ein Disziplinarverfahren wegen Fehlzeiten eingeleitet wurde, wurden auch ihre Unterlagen genauer überprüft. Anfang 2013 wurde sie dann aus dem Beamtenverhältnis entlassen.

Das hinderte die Angeklagte , der die Richterin mit Bezug auf einen Gutachter narzisstische und asoziale Züge attestierte, aber nicht daran, sich an zwei Schulen bei Schwerin zu bewerben und Anstellungen zu bekommen. Auf die Behörden wirft das jahrelange Treiben der falschen Lehrerin nicht unbedingt ein gutes Licht. Die eingereichten Unterlagen wurden weder von den Ministerien noch Schulämtern gründlich geprüft: Die Datumsangaben, Rechtschreibfehler oder auch das Layout hätten Zweifel an der Echtheit wecken müssen, wie die Richterin sagte.

Das alte Leben der alleinerziehenden Mutter eines Neunjährigen ist zusammengebrochen. Sie ist keine Studienrätin mehr, lebt von Hartz IV. Jetzt muss sie versuchen, ein neues Leben aufzubauen. Die Chancen in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester einen Job zu finden seien gut, sagte die Richterin. Finanziell wird es allerdings schwer: Sie muss an Schleswig-Holstein die gezahlten Lehrergehälter zurückzahlen: etwa 133 000 Euro.

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