Berlin schnupft, kifft und schluckt

Berlin · Marihuana, Kokain, Aufputschmittel – in Berlin gehört der Anblick von Drogen vielerorts zum Alltag. Die Polizei registriert immer mehr Rauschgift-Delikte. Doch das ist nur ein Bruchteil des tatsächlichen Geschehens.

Zwei junge Männer stehen im Berliner Kneipenviertel Friedrichshain im Freien und diskutieren angeregt über einen kleinen Gegenstand. Um sie herum bummeln Studenten, Touristen und Paare mit Kinderwagen. Bei genauerem Hinsehen wird klar, was die Männer so beschäftigt: ein Joint, der noch nicht ganz einsatzfähig ist. Der Geruch von Marihuana und der Anblick kiffender Menschen gehören in manchen Gegenden Berlins fast genauso zum Alltag wie die Bierflasche in der Hand flanierender Partygänger.

Andere Drogen sind in der deutschen Hauptstadt ähnlich verbreitet, auch wenn sie nicht ganz so öffentlich eingenommen werden. "Natürlich müssen die nicht alle nur aufs Klo", sagt Franziska (31) - im normalen Leben Verkäuferin in einem Biosupermarkt - mit Blick auf die lange Schlange vor den Toiletten eines Clubs. Um Kokain zu schnupfen, braucht es zumindest eine kleine Ruhezone mit einer Ablagefläche für das Pulver. Und auch bei Geburtstagspartys in Clubgängerkreisen ist es nicht ungewöhnlich, wenn der Gastgeber nach der Begrüßung auf denjenigen verweist, "der alles dabei hat für die Nacht". Neben Kokain sind das meist Ecstasy-Pillen oder andere Amphetamine. Sie euphorisieren und halten wach, können aber auch süchtig machen und das Gehirn schwer schädigen.

Die Berliner Polizei erfasste 2013 rund 13 300 Rauschgiftdelikte - deutlich mehr als in den Vorjahren, aber nur ein Bruchteil des tatsächlichen Geschehens. Die meisten neuen Ermittlungsverfahren gab es wegen Cannabis (Haschisch und Marihuana ), Kokain und Aufputschmitteln wie Ecstasy . Die Zahlen bei Heroin stagnieren dagegen. Dazu kommen neue chemische Drogen, die oft aus legalen Substanzen bestehen.

Marihuana kaufen Berliner Kiffer meist bei Händlern, die sie schon länger kennen. Etwa die Hälfte der Cannabisprodukte wird in Berliner Wohnungen oder leer stehenden Scheunen und Hallen in Brandenburg angebaut. Bei den Dealern im berüchtigten Görlitzer Park in Kreuzberg kaufen fast nur Schüler und Touristen, heißt es.

Das teurere Koks, eher die Droge der gehobenen Mittelschicht, wird dagegen oft vorbeigebracht. Die Polizei erwähnte in ihrer Jahresstatistik extra die florierenden "Kokain-Lieferservices" (Koks-Taxis). Per Anruf oder SMS wird geordert. Der Dealer bringt die Ware per Auto zur Party, ins Büro, Hotel oder nach Hause. Käufer sind oft Angestellte, Handwerker oder Hausfrauen. Gezahlt wird bar, 50 bis 100 Euro pro Gramm. Große Mengen Kokain fielen der Berliner Polizei im vergangenen Jahr nur zufällig in die Hände. Anfang Januar 2014 wurden in Bananenkisten in einigen Aldi-Filialen 140 Kilogramm Kokain im Marktwert von sechs Millionen Euro entdeckt. Im Dezember fand man in einer Ladung Rohkaffee eine Tasche mit 33 Kilogramm.

Über den Kampf gegen Drogen macht sich auch Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt keine Illusion. "Wir können natürlich den Drogenhandel nicht völlig stoppen. Aber wir werden eine Konzentration in einem solchen Ausmaß nicht mehr zulassen", sagt er über die Dealer in Kreuzberg, gegen die die Polizei inzwischen verstärkt vorgeht. Die viel diskutierte Freigabe von Haschisch hält er für falsch. "Das Problem mit Kokain und Heroin würde weiter bestehen, auch die Kriminalität würde es weiter geben, ebenso wie die ganzen Partydrogen ."

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