Bekommt Marco Bewährung?

Istanbul. Als Marco W. 2007 in den Osterferien mit seinen Eltern ins südtürkische Antalya flog, begann für den Teenager eine Reise, die mit einer achtmonatigen Untersuchungshaft endete. In einem Hotel in Antalya soll der damals 17-Jährige das britische Mädchen Charlotte M. sexuell missbraucht haben. Der Prozess gegen Marco W

 Das Foto zeigt Marco W. im Gefängnis in Antalya. Foto: dpa

Das Foto zeigt Marco W. im Gefängnis in Antalya. Foto: dpa

Istanbul. Als Marco W. 2007 in den Osterferien mit seinen Eltern ins südtürkische Antalya flog, begann für den Teenager eine Reise, die mit einer achtmonatigen Untersuchungshaft endete. In einem Hotel in Antalya soll der damals 17-Jährige das britische Mädchen Charlotte M. sexuell missbraucht haben. Der Prozess gegen Marco W. löste viel Kritik an der türkischen Justiz und einen Medienrummel sondergleichen aus. Mitte Dezember wurde Marco aus der U-Haft entlassen und durfte nach Deutschland zurückkehren. Heute nun wird das Verfahren vor dem Schwurgericht in Antalya fortgesetzt - ohne den Angeklagten.

Was hat sich seit Dezember in dem Fall getan? Nichts, kritisiert Charlottes türkischer Anwalt Ömer Aycan. Marco W. war Mitte April nach einer Strafanzeige von Charlottes Mutter festgenommen worden., der Prozess begann im Juni. Charlotte wirft dem Schüler vor, er habe sie vergewaltigen wollen, während sie schlief. Marco betonte aber, beide hätten intime Kontakte gewollt. Zudem habe sich die damals 13-jährige Charlotte als 15-Jährige ausgegeben.

Äußerst unwahrscheinlich sei es, dass heute ein Urteil gesprochen werde, sagte Aycan gestern. Nach wie vor gibt es Unklarheiten darüber, ob dem Gericht alle erforderlichen Unterlagen für eine Entscheidungsfindung vorliegen. Dabei geht es dem Vernehmen nach vor allem um ein Gutachten zur Verfassung von Charlotte, die sich in psychologischer Behandlung befindet und laut Aycan "nicht mehr derselbe Mensch" ist wie vor den Ereignissen in Antalya. Es sieht nicht danach aus, als werde der Streit um Dokumente und Berichte heute beigelegt. "Der Prozess wird wieder vertagt", erwartet Aycan. Auch Macros türkischer Anwalt Mehmet Iplikcioglu glaubt nicht daran, dass der heutige Verhandlungstag ein Ende der Saga bringen wird. Derzeit sei nicht einmal klar, wie der Strafantrag der Staatsanwaltschaft am Ende aussehen werde. Marcos deutscher Anwalt Michael Nagel sagte "Spiegel Online", der deutsche Teenager habe ohnehin höchstens eine Bewährungsstrafe zu erwarten, falls kein Freispruch durchzusetzen sei.

In der Türkei werden Haftstrafen von weniger als zwei Jahren in Bewährungsstrafen umgewandelt, bei Marco käme ein solches Strafmaß unter anderem deshalb in Frage, weil er zur Zeit des mutmaßlichen Missbrauchs noch minderjährig war und deshalb nach türkischem Recht mit bestimmten Strafnachlässen rechnen könnte. Marco muss wohl kaum befürchten, noch einmal ins Gefängnis zu müssen, wenn er in Antalya auftaucht. Dass er heute nicht an der Verhandlung teilnimmt, geschieht laut Nagel in Abstimmung mit Marcos Psychotherapeuten.

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