Balanceakt über den Niagarafällen

Niagara Falls. Nik Wallenda, Urenkel eines deutschen Zirkusakrobaten, hat als erster Mensch die Niagarafälle an ihrer schönsten und gefährlichsten Stelle überquert

Niagara Falls. Nik Wallenda, Urenkel eines deutschen Zirkusakrobaten, hat als erster Mensch die Niagarafälle an ihrer schönsten und gefährlichsten Stelle überquert. Dort, wo die Wassermassen des Niagaraflusses 58 Meter in die Tiefe stürzen, balancierte der 33-Jährige in der Nacht zum Samstag vor den Augen der Welt auf einem dünnen Drahtseil in Schwindel erregender Höhe über den Abgrund - gesichert mit einem Gurt. Über zehn Millionen Fernsehzuschauer verfolgten das Spektakel.Niemand vor Wallenda hat sich je über diesen Teil des Naturwunders gewagt, die hufeisenförmigen Horseshoe Falls auf der kanadischen Seite. Mehr als hundert Jahre liegen zurück, seit die Behörden überhaupt einem Stunt zustimmten. Als bisher letzter spannte der 21-jährige James Hardy 1896 sein Seil, allerdings an einer seichteren Stelle.

Wallenda träumte seit seiner Kindheit von dem Abenteuer. An seinem großen Tag wirkte er ruhig und gelassen, als er im Scheinwerferlicht auf die Plattform trat, unter sich rund hunderttausend Zuschauer. Fernsehkameras übertrugen auch das Gebet, das Wallenda noch kurz vor dem tollkühnen Akt im Kreis seiner Frau und seiner drei Kinder sprach.

Dann war es so weit. Verlegen lächelnd schnallte sich Wallenda den Sicherheitsgurt an, der ihm im Notfall das Leben retten soll. Mit leichter Verspätung setzte Nik den Fuß aufs Seil. Eine am Kopf befestigte Minikamera zeigte auf die knöchelhohen weichen Stiefel mit Wildledersohle, eine Handarbeit seiner Mutter, auch sie eine Akrobatin. Seine Balancierstange wog rund 20 Kilo und war an einem Gurt befestigt, der ihm um den Hals hing. Das Seil, nur fingerdick und schlüpfrig durch die Gischt, schwankte unter seinen Schritten. Vater Terry ermunterte ihn. "Gut so, Nik", sagte er über die Mobilfunkverbindung. "Ein unglaublicher Ausblick. Was für ein Segen. Es ist einfach atemberaubend", erwiderte der Sohn. Auf halber Strecke, an der niedrigsten Stelle des Seils, hörte man den Akrobaten beten. Der Wind komme von allen Seiten. Er sei erschöpft, "geistig und körperlich" und seine Hände würden taub.

Kurz vor dem Ziel kniete Wallenda auf dem Seil nieder, streckte einen Arm triumphierend in die Höhe und warf Handküsse in die Luft. Die Menschen unter ihm atmeten auf, klatschten und jubelten. Die letzten Schritte lief er auf dem Seil, der Familie entgegen. Als eine kanadische Grenzerin ihn um seine Ausweispapiere bat, holte der Akrobat seinen in Plastik verpackten US-Pass aus der Tasche. "Und was ist der Grund Ihrer Einreise?" "Ich will Menschen in aller Welt inspirieren", antwortete Wallenda. "Folgt Euren Träumen und gebt niemals auf!".

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