Aussetzer bei Mensch und Technik
Paris. Ein fatales Zusammenfallen sowohl technischer als auch menschlicher Aussetzer, die Überforderung der Crew in einer Ausnahmesituation - das führte der französischen Flugunfallermittlungsbehörde BEA zufolge zum Absturz eines Airbus A 330-200 an Pfingsten 2009.228 Passagiere und Crew-Mitglieder sollte der Flug AF 447 von Rio de Janeiro nach Paris bringen
Paris. Ein fatales Zusammenfallen sowohl technischer als auch menschlicher Aussetzer, die Überforderung der Crew in einer Ausnahmesituation - das führte der französischen Flugunfallermittlungsbehörde BEA zufolge zum Absturz eines Airbus A 330-200 an Pfingsten 2009.228 Passagiere und Crew-Mitglieder sollte der Flug AF 447 von Rio de Janeiro nach Paris bringen. Doch gut drei Stunden nach ihrem Start stürzte die Maschine in den Atlantischen Ozean. Alle Insassen starben, 28 von ihnen waren Deutsche. Das Drama vom 1. Juni gilt als größtes Unglück der französischen Luftfahrt und bislang auch als eines der mysteriösesten, das die Frage nach dem Warum lange offen ließ. Wie konnte das passieren? Gestern gab die BEA in ihrem 350 Seiten dicken Abschlussbericht ihre Antwort. Demnach fielen verschiedene Faktoren zusammen, sowohl technische Mängel als auch menschliches Versagen bei schwierigen meteorologischen Bedingungen. Auslöser war demnach ein Ausfall der Pitot-Sonden zur Geschwindigkeits-Messung, als die Maschine bei Nacht eine Unwetter-Front durchflog, wahrscheinlich weil sie vereist waren. Solche Probleme kamen bereits seit 2004 vor, doch hat sie Airbus erst seit dem Absturz ersetzt. Offenbar folgten die Piloten zudem einer falschen Information über die Position des Flugzeuges auf dem Bildschirm. Als der Autopilot ausfiel, traf der Copilot eine tragische Fehlentscheidung: Indem er die Maschine stark nach oben zog, provozierte er einen Strömungsabriss und raschen Sinkflug der Maschine, ohne es zu merken. Die fast über eine Minute aufscheinenden Warnungen ignorierte er. Auch der aus der Ruhepause geholte Bordkapitän konnte nichts mehr retten. "Die Crew hat die Kontrolle über die Situation total verloren", erklärte Alain Bouillard, Leiter der Untersuchung. Die Piloten bräuchten in der Ausbildung mehr Training, "damit sie die Flugzeugsysteme besser kennen im Fall einer Ausnahmesituation".
Die Verbesserungsvorschläge der Behörde betreffen sowohl Air France als Fluggesellschaft, als auch Airbus als Hersteller. Gegen beide Unternehmen ermittelt die französische Justiz derzeit wegen fahrlässiger Tötung, ein Anklageverfahren hat sie aber noch nicht eingeleitet. Angehörige der Opfer zeigten sich enttäuscht über den Bericht. "Ich habe den Eindruck, dass man immer nur menschliches Versagen als Ursache hervorhebt, daran glaube ich überhaupt nicht", erklärte Keiko Marinho von einer brasilianischen Hinterbliebenen-Organisation, die ihre Schwester bei dem Drama verloren hat. Die BEA wies indes darauf hin, dass es nicht um die Suche nach dem Verantwortlichen ging. Das sei Sache der Justiz.